Der letzte „Kunde“ war von der Polizei

von Redaktion

Landgericht verurteilt 44-jährigen Münchner wegen Drogenhandels zu Haftstrafe

Traunstein/Rosenheim – Ein 44-jähriger Münchner war Anfang 2019 in Rosenheim als Drogendealer im Geschäft. Seine Aktivitäten endeten abrupt – nach dem Verkauf von über 200 Gramm Kokain am 25. März 2019 an einen verdeckten Ermittler der Polizei. Die Siebte Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Christina Braune verhängte jetzt wegen Drogenhandels mit Waffen und weiteren Betäubungsmitteldelikten eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren neun Monaten und Unterbringung zum Entzug.

Der Fall beschäftigte das Landgericht bereits zum zweiten Mal. Die Zweite Strafkammer hatte den Angeklagten im Oktober 2019 zu sechs Jahren zwei Monaten Haft unter Vorwegvollzug von 19 Monaten im Gefängnis sowie Unterbringung in einer Entzugsanstalt verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte später auf Revision der Verteidigung einen Teil des Urteils aufgehoben. Durch die Untersuchungshaft seit Mitte 2019 erübrigte sich jetzt ein Vorwegvollzug. Die Folge ist: Der 44-Jährige kann sofort die etwa zweijährige Therapie antreten. Steht er sie durch, wird die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Versagt er, muss er die Strafe im Gefängnis verbüßen.

Der einschlägig vorbestrafte Mann hatte kurz vor der Festnahme in Rosenheim einem dortigen Rauschgifthändler im Auftrag eines Münchners 500 Gramm Kokain für 22500 Euro geliefert, am 25. März 2019 weitere 100 Gramm im Wert von 6000 Euro. Neben den beiden Beschaffungsfahrten betätigte sich der 44-Jährige im Zusammenwirken mit dem Kokain-Käufer selbst als Verkäufer.

Dabei gerieten die beiden an einen verdeckt agierenden Ermittler, der 223,5 Gramm des Kokains erwarb. Es folgten damals Durchsuchungen von verschiedenen Wohnungen. Dabei tauchten – nach einem freiwilligen Hinweis des Angeklagten – 400 Gramm des Kokains in einem Keller auf. Dazu gestern ein Kripobeamter: „Ohne den Angeklagten hätten wir die Drogen nie gefunden.“

Baseballschläger
und Schusswaffe

Diese ersten zwei Tatkomplexe hatte der Bundesgerichtshof weder im Schuldspruch noch bezüglich der Höhe der Einzelstrafen beanstandet. Der aufgehobene Teil des Urteils galt dem „bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln“, hatte der Angeklagte doch am 25. März 2019 in der Nähe von Rauschgiftverstecken griffbereit einen Baseballschläger und eine voll funktionsfähige Schusswaffe mit Schalldämpfern und sechs Patronen im Magazin platziert.

Vor der Siebten Strafkammer behauptete der 44-Jährige, er habe früher Baseball gespielt und das Sportgerät behalten. Seine Verlobte bejahte sein Interesse für Baseball. Bei der aktiven Ausübung sei sie aber nie dabei gewesen. Zu der Schusswaffe meinte der Angeklagte, er habe sie zwar gekauft, habe damit aber nur im Wald schießen wollen. In der Wohnung, in der er sie verwahrt habe, sei gar nicht mit Drogen gehandelt worden.

Das Gericht hörte zum Thema Drogen-Waffen mehrere Polizeizeugen an. Ein Beamter schilderte, man habe die Auffindungssituationen der Waffen nachgebaut und gemessen, wie lange es dauerte, sie in die Hand zu bekommen. Der Baseballschläger hatte damals direkt neben der Eingangstür der Wohnung an der Wand gelehnt. Die halbautomatische Schusswaffe lag in einer Abfalltüte und einem Korb im Wohnzimmerregal. Die gefilmten Versuche der Kripo bewiesen: Binnen drei bis maximal elf Sekunden waren der Schläger beziehungsweise die Schusswaffe in der Hand der Beamten.

Der psychiatrische Sachverständige, Oberarzt Rainer Gerth vom Bezirksklinikum in Gabersee, attestierte dem Angeklagten eine „langjährige Suchtmittelkarriere“ mit einer Abhängigkeit vor allem von Kokain und Amphetaminen. Seine Schuldfähigkeit sei jedoch nicht tangiert gewesen. Der Gutachter empfahl die Unterbringung in einer Entzugsanstalt, auch wegen der großen Wiederholungsgefahr für weitere Taten.

Staatsanwältin Linda Arnótfalvy, auf deren Antrag das Gericht gestern den Teilvorwurf mit dem Baseballschläger eingestellt hatte, plädierte auf sechs Jahre drei Monate Freiheitsstrafe und Unterbringung zum Entzug. Nicht recht nachvollziehbare juristische Entscheidungen zu Waffen in Verbindung mit Drogen beleuchtete Verteidiger Hartmut Wächtler aus München. Dennoch sei der Schuldspruch „Handeltreiben mit Waffen“ nicht abzuwenden. Sein Mandant sei inzwischen drogenfrei. Die Strafe solle möglichst weit unter der ersten bleiben.

„Horrorvorstellung“
für die Richterin

In der Urteilsbegründung hob Vorsitzende Richterin Christina Braune heraus, jede Schusswaffe bedeute ein höheres Risiko, wenn es zum Beispiel bei Drogengeschäften zu einer Auseinandersetzung unter den Beteiligten komme. Dem 44-Jährigen habe das Gericht einen Kronzeugen-Bonus angerechnet. Zu „Schießen im Wald“ meinte die Vorsitzende Richterin: „Es ist eine Horrorvorstellung, dass irgendjemand in unseren Wäldern herumschießt. Das ist sicher keine gute Idee.“

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