40 Terabyte Daten sichergestellt

von Redaktion

Kinderpornografie: Polizei durchsucht Räume in Rosenheim und Schnaitsee

Rosenheim/Schnaitsee/Köln – Mehr als 1000 Beweisstücke hat die Polizei am Dienstag bei einer bundesweiten Razzia gegen Kinderpornografie gesammelt (wir berichteten). In Bayern wurden nach Angaben der Kölner Polizei 15 Objekte durchsucht – drei davon in der Region. So hatten die Ermittler zwei Objekte in der Stadt Rosenheim und ein Objekt in der Gemeinde Schnaitsee im Visier. „Das schockiert mich jetzt schon“, sagte Schnaitsees Bürgermeister Thomas Schmidinger (CSU), der erst über die Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen vom Polizeieinsatz in seiner Kommune erfahren hatte.

65 Tatverdächtige,
keine Haftbefehle

Bei der Razzia gegen Kinderpornografie haben am Dienstag mehr als 1000 Polizeibeamte in zehn Bundesländern zahlreiche Objekte durchsucht. Die Aktion richtete sich gegen 65 Tatverdächtige, die kinderpornografische Inhalte besessen und verbreitet haben sollen. Es gebe keine Hinweise, dass aktive Missbrauchstäter unter ihnen seien. Es habe auch keine Haftbefehle gegeben, erklärte die Polizei in Köln.

Die Verfahren ergaben sich aus den seit 15 Monaten dauernden Ermittlungen rund um den Kindesmissbrauchskomplex Bergisch Gladbach. Mehr als tausend Beweismittel, darunter 2900 elektronische Datenträger, seien sichergestellt worden, berichtete Michael Esser, Leiter der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Berg“ bei der Kölner Polizei. Das Material umfasse ein Speichervolumen von rund 40 Terabyte. Zudem seien 170 Mobiltelefone sichergestellt worden, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.

Was bei den Durchsuchungen in Rosenheim und Schnaitsee sichergestellt worden ist, dazu konnte eine Polizeisprecherin keine Auskunft geben. „Die Beweismittel werden im Moment noch ausgewertet“, sagte die Sprecherin auf Anfrage unserer Zeitung. „Erste Ergebnisse erwarten wir im Lauf der Woche.“

In der Gemeinde Schnaitsee sei der Polizeieinsatz jedenfalls kein Gesprächsthema gewesen. „Ich habe davon überhaupt nichts mitbekommen“, sagte Schmidinger. Er könne sich nicht daran erinnern, dass Bürger aus seiner Kommune bislang in puncto Kinderpornografie für Schlagzeilen gesorgt hätten. „Auch unsere mit rund 4000 Einwohnern kleine Gemeinde bildet natürlich das gesamte Spektrum der Gesellschaft ab“, so Schmidinger, der sich in Hinblick auf den Grund der Durchsuchung dennoch „schockiert“ zeigte: „Der Vorwurf Kinderpornografie hat natürlich eine erschreckende Qualität.“

Bürgermeister hat
nichts mitbekommen

Was den Schnaitseer Rathauschef wundert, ist das Vorgehen der Ermittler. „Normalerweise werden wir bei Razzien durch die Polizei im Vorfeld informiert, berichtet der CSU-Politiker. Oftmals sei dann sogar ein Gemeindemitarbeiter mit vor Ort. Aber: „Von diesem Einsatz haben wir wirklich gar nichts mitbekommen.“

Die Besondere Aufbauorganisation „Berg“ der Kölner Polizei ermittelt seit Oktober 2019. Im Haus eines Mannes aus Bergisch Gladbach waren damals Unmengen kinderpornografischer Daten gefunden worden. Über ihn stießen die Ermittler auf Hunderte weitere Verdächtige. Die Polizei arbeitet mit der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) der Kölner Staatsanwaltschaft zusammen.

Der Leiter der ZAC würdigte die Unterstützung der Ermittler durch Betreiber und Anbieter von sozialen Medien. Gerade im Bereich der Kinderpornografie sei die Zusammenarbeit „ausgesprochen gut, kooperativ und einvernehmlich“, sagte Markus Hartmann. Ein wesentlicher Teil der Erkenntnisse dieses Ermittlungsverfahrens sei auch darauf zurückzuführen, dass die privaten Anbieter mit eingebunden seien.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) dankte nach den neuen Durchsuchungen „den Hunderten von Polizistinnen und Polizisten für ihren hochprofessionellen und hochkomplexen Einsatz“. „Beharrlichkeit und Geduld zahlen sich in unserem Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie aus“, sagte Reul.

Die Polizei hat im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach nach eigenen Angaben bislang 330 Beschuldigte identifiziert. Sieben Personen sitzen in Untersuchungshaft, es gibt elf Anklagen und zehn Urteile. Im vergangenen Oktober wurde in Köln ein 43-Jähriger zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Mann aus Bergisch Gladbach gilt als Schlüsselfigur in dem Netzwerk.

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