Wasserburg – 2000 Teilnehmer waren angemeldet, etwa 1200 kamen gestern zu zwei Versammlungen nach Wasserburg, die sich der Kritik an den Corona-Maßnahmen widmeten. Die parallel verlaufenden Veranstaltungen verliefen nach Polizeiangaben „ruhig und in geregelten Bahnen ab“. Nur einigen wenigen Teilnehmern und Rednern, die keine Maske tragen wollten, wurde der Zutritt verweigert.
500 Polizisten
im Einsatz
Bei strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen pilgerten auch viele Familien mit Kinderwagen oder Buggy zum Badria, wo auf dem Parkplatz und auf dem Festplatz Kundgebungen stattfanden. 500 Polizisten – darunter auch Beamte der in Bamberg stationierten Bereitschaftspolizei – waren im Einsatz. Ihnen gelang es, auch in schwierigen Situationen – etwa bei der Durchsetzung der Maskenpflicht und der Abstandsregeln – deeskalierend zu wirken. Für Teilnehmer, die keine Maske trugen, weil sie gesundheitliche Gründe durch ein ärztliches Attest nachweisen konnten, war ein Extrabereich ausgewiesen worden.
Die von 13 bis 18 Uhr angemeldeten Versammlungen endeten gegen 16.15 Uhr. Der Abzug der Besucher – viele kamen aus dem südostbayerischen Raum – verlief ebenso reibungslos wie die Ankunft. „Wir sind zufrieden mit dem Verlauf. Unser Einsatzkonzept ist aufgegangen“, so Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, auf Anfrage.
Am Mikrofon auf einem Lkw und auf einer Bühne äußerten sich Redner aus zwei Gruppierungen. Veranstalter waren Franz Stemmer aus Haag mit seiner Bewegung „Für Frieden und Freiheit“, die das Thema „Kritik an der Verhältnismäßigkeit der CoronaMaßnahmen ausgegeben hatte, und Helmut Bauer aus Eslarn. Sein angemeldetes Thema lautete: „Wir unterstützen ‚Bayern steht zamm‘“.
Zu den Rednern gehörten auch bekannte Größen der Querdenker-Szene, die derzeit von Demonstration zu Demonstration reisen. Wortgewaltig der Auftritt des pensionierten Polizisten Karl Hilz aus München. Seine Rede begleiteten lautstarke „Söder-muss-weg-Rufe“. Hilz vertrat die Meinung, die Menschen würden derzeit in einem Land leben, das unter Kriegsrecht stehe – und forderte unter Applaus ein „Kriegsverbrechertribunal in Den Haag“ für die politischen Entscheidungsträger.
Hilz erteilte seinen früheren Kollegen von der Polizei „Dienstunterricht“: Er forderte dazu auf, die Maskenpflicht bei Einsätzen im Dienst nicht durchzusetzen. Die Verpflichtung zum Tragen von Masken komme „einer gefährlichen Körperverletzung“ gleich. Deutschland befinde sich auf dem Weg in einen totalitären Staat, die Bevölkerung werde mit Auflagen schikaniert.
Als „Bürgerrechtler“ wurde außerdem Markus Haintz angekündigt, der als Anwalt vor allem die Gerichte und den Rechtsstaat ins Visier nahm. Seine Kernaussage: Die Corona-Politik mache aus Menschen Gefährder.
Die Kritik der Redner wandte sich jedoch nicht nur gegen die Bundes- und Landes-, sondern auch gegen die Kommunalpolitik. Versammlungsleiter Franz Stemmer vertrat die Meinung, bei der Anmeldung der Veranstaltung sei ihm viel Gegenwind entgegengeweht. Stemmer kritisierte die Tatsache, dass sich der Stadtrat einstimmig aus Gründen des Infektionsschutzes gegen die Versammlung ausgesprochen hatte – Buhrufe waren die Reaktion auf diese Aussage. Die Versuche, die Veranstaltung zu verhindern, seien jedoch gescheitert, so Stemmer. Er kritisierte außerdem die Berichterstattung der Medien, beispielsweise der OVB-Heimatzeitungen.
Stemmer verwahrte sich gegen die Einordnung als Querdenker. Diesen gebe es per se nicht. Auch er sei vielmehr ein Mensch, der die Corona-Politik kritisch hinterfrage. Bei diesem Dialog „für Frieden und Freiheit“ habe er keine Berührungsängste – er rede mit allen: mit AfD-Vertretern ebenso wie mit der Antifa.
Die beiden Versammlungen dienten außerdem der Netzwerkarbeit: An Schildern konnten Corona-Skeptiker und Kritiker der Corona-Politik aus mehreren Regionen in Bayern miteinander in Kontakt treten und Adressen austauschen. An einem Stand am Eingang wurden Unterschriften für ein Volksbegehren „zur Abberufung des Landtags“ gesammelt.
Kritik am Impfen
und den Corona-Tests
Ans offene Mikrofon traten vor allem bei der Kundgebung auf dem Festplatz auch weniger bekannte Redner – unter anderem Cornelia aus Rosenheim, die von einer neuen Bewegung sprach, die „Spiritualität mit politischem Bewusstsein“ verbinde. Diese Spiritualität empfanden anscheinend auch Besucher der Veranstaltungen, die zur Musik der Band „Seesound“ tanzten und mit kleineren Plakaten oder Schildern auch esoterische Botschaften übermittelten.
Auch einige wenige Alu-Hut-Träger waren anwesend. Verschwörungstheorien kamen in den Reden bei beiden Veranstaltungen vor. Außerdem im Fokus: Kritik am Impfen, an den Corona-Tests und der wissenschaftlichen Einordnung der Infektionsgefahren, die nicht anerkannt wurde.
Für Aufsehen und lautstarke Solidaritätsbekundungen sorgte die Tatsache, dass es dem bekannter Corona-Politik-Kritiker Dr. Rolf Kron aus Kaufering nicht erlaubt wurde, zu reden, weil er sich anscheinend weigerte, eine Maske zu tragen.