Schwierigkeiten ohne Trauschein

von Redaktion

Einreisebestimmungen nach Deutschland sorgen für ungewollte Trennung

Rosenheim – Mit den neuen Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland muss die Liebe mitunter auf der Strecke bleiben. Zumindest, wenn der „Trauschein“ fehlt. Derzeit ist es Grenzpendlern zwischen Bayern und Tirol mitunter unmöglich ihren Partner zu sehen. Denn: Die Einreise nach Deutschland ist nur „Mitgliedern der Kernfamilie“ deutscher Staatsangehöriger gestattet. Zu diesen zählen: Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und deren Eltern. Nicht aber: der Lebensabschnittsgefährte.

Dieser Regel fällt auch die Beziehung zwischen Lukas Steinegger und seiner Partnerin Constanze Gabriel zum Opfer. Der Innsbrucker pendelte bislang regelmäßig zu seiner Freundin nach München. Seit der vergangenen Woche ist ihm dies verwehrt. Insbesondere der gemeinsame Sport fehlt dem 31-Jährigen.

Einreise nur
mit Quarantäne

Auf der anderen Seite der Grenze, in München, vermisst die 28-jährige Theresa Engelhard ihren Partner. Sebastian Frank ist Deutscher und wohnt in Reutte, direkt an der deutsch-österreichischen Grenze. Er könnte problemlos einreisen, müsste aber dann für fünf Tage in Quarantäne. Wären beide verheiratet, bestünde dieses Problem nicht.

Und da gibt es Thomas Scherlin aus dem Tiroler Ort Erl. Er seit 23 Jahren mit einer Kiefersfeldenerin liiert. „Durch die Grenzschließungen ist es seit zwei Wochen nicht mehr möglich, dass wir uns sehen“, klagt er.

Die Situation zehrt allen vier Betroffenen an den Nerven. Und sie sind nur ein Teil dessen, was die politischen Entscheidungen im Blick auf die Grenzkontrollen zu Mutationsgebieten an Konsequenzen nach sich ziehen: Berufspendler, Pferdebesitzer (wir berichteten) – da sind unverheiratete Liebespaare nur eine Baustelle. Das wissen auch Engelhard und Steinegger und wollen die Probleme anderer Betroffener gar nicht kleinreden. Gefallen lassen wollen sie sich diese Situation jedoch auch nicht. Über Facebook haben sich die Münchnerin und der Innsbrucker mit vielen anderen vernetzt. 140 dieser Gruppe haben sich nun in einem offenen Brief an die Politik gewandt.

„Liebe kennt keine Grenzen“, lauten die ersten Worte dieses Schreibens. Dass sich die Gesellschaft bemühen müsse, das Virus bestmöglich einzudämmen, stehe außer Frage, schreiben die Autoren Engelhard und Steinegger. „Es muss aber erlaubt sein, den Liebsten oder die Liebste sehen zu dürfen!“ Ruhig im Ton, aber deutlich in der Sache fordern sie, Lebenspartner nicht anders zu behandeln, als Paare mit Trauschein. Sie sollen ebenso legal nach Deutschland einreisen dürfen und ebenso wenig fürchten müssen, anschließend mindestens fünf Tage in Quarantäne zu verbringen. Die bestehenden Forderungen deutscher Behörden, sich vor der Einreise zu registrieren und beim Grenzübertritt einen negativen Corona-Test vorzuweisen, finden auch die Verfasser des Briefes sinnvoll.

Seit Donnerstag vergangener Woche sind beide mit ihren Mitstreitern daran, ihren Brief möglichst breit zu streuen: an Ministerien, an Abgeordnete – an alle Entscheider eben, die in ihrem Sinne die ein oder andere Schraube drehen könnten, damit sie bald wieder zusammenkommen können.

Emotional ist die Geschichte für beide Seiten alles andere als einfach. „Von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt“, sagt Lukas Steinegger. Das Gefühlsbarometer passt sich der Nachrichtenlage an. Auch bei Theresa Engelhard: „Ich war nervlich die Wochen äußerst dünn. Das geht einfach an die Substanz“, sagt die Münchnerin, die dort ohnehin nur zur Hälfte lebe. Den anderen Teil ihrer Zeit weilt sie bei ihrem Freund in Tirol.

Das bringt auch logistische Probleme mit sich. Zum Beispiel, wenn der halbe Inhalt des Kleiderschranks auf der anderen Seite der Grenze ist. Zudem bleibt die Unsicherheit: Ein Risikogebiet ist fest über die Inzidenz definiert, ein Mutationsgebiet hingegen nicht. Damit bleibt die bange Frage, wie lange die Liebe zwischen Paaren dies- und jenseits der Grenze noch auf der Strecke bleiben muss.

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