Rosenheim – Mal klirrende Kälte, mal fast frühsommerliche Wärme: Der Februar wartete mit einem Kontrastprogramm auf. Und manche Rosenheimer bekamen‘s hautnah mit: beim Anstehen vor dem Impfzentrum von Stadt und Landkreis Rosenheim auf der Loretowiese. Nicht nur wegen der langen Wartezeiten dort wird kräftige Kritik laut.
„Ich finde es beschämend, was unseren älteren Bürgern zugemutet wird“, sagt Dr. Wolfgang Huber, der am Mittwoch seine 84-jährige Mutter zum Impfen begleitet hatte, bei Temperaturen und einer Sonne, die manchen Senior schwindeln machte. „Ein Witz“, sagt Evelyn Breitkopf die zwei Wochen zuvor Ähnliches erlebte – allerdings bei knackigem Frost.
Verärgerung
ist groß
Der Ärger ist groß. Weil offenbar nicht bedacht wurde, dass es mit dem Piks nicht getan ist. Bei minus acht Grad hätten sie und ihre Mutter zehn Minuten lang im Freien warten müssen. Zwar sei der Schnee geräumt, doch der Weg nicht gestreut worden. „Das muss man sich vorstellen: für über 80-Jährige“, sagt sie. Drinnen sei man sich wie in einem Pferch vorgekommen, auch seien kaum Sitzgelegenheiten da gewesen.
Das bemängelt auch Wolfgang Huber, außerdem: kein Sonnenschutz, keine Abstandsmarkierungen. „Im Privaten soll man Menschenansammlungen vermeiden“, sagt er kopfschüttelnd. „Aber am Impfzentrum wird man zum Schlangestehen verdammt.“ Als er und seine Mutter pünktlich zur vereinbarten Zeit erschienen seien, standen nach seiner Zählung 54 Menschen vor ihnen. „Alles alte Leute“, sagt Huber. Er habe die Besucher hinter ihm und seiner Mutter immer wieder darum bitten müssen, Abstand zu halten. Im Impfzentrum selbst sei alles gut geregelt gewesen, „das Personal war sehr freundlich“.
Evelyn Breitkopf äußert Zweifel an der Organisation des Impfzentrums. „Da ist so vieles undurchdacht“, sagt sie. „Warum werden nicht auch die Seiteneingänge genutzt, um die Menschenansammlungen zu entzerren?“ Die Leute vor der Halle anstehen lassen, nur zwei Impfstraßen zu besetzen, „das geht alles überhaupt nicht“.
Keine Impfung nach Corona-Infektion
Sie hatte ebenfalls ihre Mutter zur Loretowiese gebracht – und musste sie unverrichteter Dinge auch wieder nach Hause zurückbringen. Der Grund: Ihre Mutter, 89 Jahre alt, sei vor der Anmeldung zur Impfung positiv auf das Coronavirus getestet worden. Obschon sie die Infektion symptomfrei überstanden habe, habe der Kontakt mit Corona dennoch Folgen gehabt. Denn wegen ihrer Infektion muss die Seniorin nun weiter auf die Impfung warten. Weder sei im „Aufklärungsblatt“ zur Impfung darauf hingewiesen worden, dass nach einem positiven Test ein halbes Jahr mit dem Impfen zu warten sei, sagt Evelyn Breitkopf auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen, noch sei die Frage nach einer Infektion bei der Anmeldung abgefragt worden. So warteten sie und ihre Mutter erst vor dem Impfzentrum, dann drinnen, und das insgesamt gut eine Stunde lang. Erst dann kamen die Breitkopfs an die Reihe – nur damit sich Mutter und Tochter über die Halbjahres-Pause unterrichten lassen und ohne Impfung auf den Rückweg machen konnten.
Im Impfzentrum weiß man um die Schwierigkeiten, die an besagtem Mittwochnachmittag aufgetreten sind: „Eine ganze Reihe ist an diesem Nachmittag zu früh gekommen, einige ältere Leute bis zu eineinhalb Stunden, und andere waren zu spät dran, da ist leider alles zusammengetroffen“, bedauert der Leiter des Impfzentrums, Hans Meyrl, auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Deshalb sein dringlicher Appell an die Impfwilligen: „Bitte halten Sie die Zeiten ein.“ Hinzu komme, dass aktuell versucht werde, die Kapazitäten im Impfzentrum auszuweiten, um mehr Impfungen durchführen zu können.
Weshalb keine Stühle bereitgestellt werden
Bekannt ist im Impfzentrum auch die Frage nach Sitzgelegenheiten im Wartebereich vor der Inntalhalle – doch diesbezüglich scheinen der Stadt die Hände gebunden zu sein: Aus Hygienegründen könnten im Außenbereich keine Stühle oder Bänke aufgestellt werden, weil diese nach jeder Nutzung desinfiziert werden müssten. „Nicht machbar“, erklärt Meyrl gegenüber unserer Zeitung. Sein Rat: Rollstühle und Gehhilfen wie Rollatoren mitzubringen – und gegebenenfalls mal dem ein oder anderen weniger Rüstigen den Vortritt zu lassen. „Wie im Bus halt auch, wenn das selbst organisiert wird, haben wir nichts dagegen.“ Denn die Impfkandidaten, so ist es die Praxis, werden vor Ort der Reihe nach „verarztet“. Anna Heise/Michael wEiser/
Rosi Gantner