Traunstein/Bergen – Eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes forderte die Staatsanwaltschaft gestern im Traunsteiner Schwurgerichtsprozess gegen einen 61-jährigen gebürtigen Traunsteiner, der Anfang Januar 2020 eine 59-jährige Frau aus Bergen getötet und ihre zerstückelte Leiche in einem Wald nahe Traunstein vergraben hatte (wir berichteten). Der Verteidiger hielt eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwölf Jahren wegen Totschlags für angemessen. Die Kammer mit Vorsitzendem Richter Erich Fuchs wird das Urteil am Freitag verkünden.
Staatsanwalt Markus Andrä zeigte sich im Plädoyer von einem Mord aus Habgier, Heimtücke und zum Verdecken einer Straftat überzeugt – mit dem Motiv, „an das Geld der Geschädigten zu gelangen“. Der Fall habe als Vermisstenfall begonnen und zu dem größten Ermittlungsverfahren einer Soko in Bayern wie Österreich in jüngster Vergangenheit geführt.
Finanzielle
Schieflage
Die Vorgeschichte zu dem Verbrechen sei wichtig. Zum Ende des Jahres 2019 sei der 61-Jährige finanziell in eine erhebliche Schieflage geraten. In der Zeit zwischen 7. und 9. Januar 2020 habe sich der Mann, so Andrä, „entschlossen, die Frau zu töten – um an ihr Geld zu gelangen“. Der angeklagte Sachverhalt zum Tatgeschehen habe sich in der Beweisaufnahme bestätigt.
Der Mann habe auf dem Bett im Schlafzimmer mit der goldenen Buddha-Statue massiv auf die 59-Jährige eingewirkt. An eine zweistellige Zahl von Schlägen sei laut Rechtsmediziner angesichts der vielen Brüche in Gesicht und Schädel zu denken. Der Staatsanwalt stellte fest: „Schon zu diesem Zeitpunkt hat der Täter den Tod der Frau billigend in Kauf genommen.“ Andrä betonte weiter, der genaue Todeszeitpunkt und die Todesursache hätten nicht bestimmt werden können. Der rechtsmedizinische Sachverständige habe einen Erstickungstod durch Würgen nicht ausschließen können. Jedoch sei der finale Tod spätestens nach dem Abtrennen des Kopfes mit Durchschneiden der Halsvenen eingetreten. Die Leiche habe der 61-Jährige im Keller zerteilt.
Ausführlich beleuchtete Markus Andrä das Thema Geld. Der 61-Jährige habe die Handtasche der Frau und mindestens 85000 Euro, dazu Gold und Edelsteine, aus dem Tresor mitgenommen. Über die Vermögensverhältnisse des Opfers sei der Angeklagte informiert gewesen, habe sie doch laut Zeugen keinen Hehl aus ihrem Vermögen gemacht.
Die Version des 61-Jährigen bezeichnete der Staatsanwalt als nicht glaubhaft: „Der Angeklagte ist ein Berufsverbrecher, saß über 20 Jahre im Gefängnis. Er hat immer dann Straftaten begangen, wenn er in Geldnot war.“ Andrä plädierte auf Mord aus Habgier, Heimtücke und zum Verdecken einer Straftat. Für Mord gebe es nur eine Strafe – lebenslänglich. Die „besondere Schwere der Schuld“ bejahte der Ankläger. Unter den positiven Aspekten erwähnte er, dass der teilgeständige Täter die Ermittlungsbehörden zu der im Wald vergrabenen Leiche geführt habe. Negativ zu werten seien die 18 Vorstrafen, aber auch die Reinigungsaktion nach dem Verbrechen. „Er hat seine Spuren fast komplett verwischt.“ Zu sehen seien auch die Gleichgültigkeit gegen das Lebensrecht des Opfers und mit welcher Professionalität der Angeklagte beim Zerstückeln der Leiche vorgegangen sei: „Das ist an der Grenze des Vorstellbaren.“
Verteidiger Harald Baumgärtl aus Rosenheim hob hervor, sein Mandant habe frühzeitig nach seiner Festnahme eingeräumt, die Frau getötet zu haben und den Ablageort der Leiche gezeigt. Nur zwei Personen seien bei der Tat dabei gewesen. Der Anwalt ging auf die Darstellung des 61-Jährigen ein, wonach dieser sofort nach der Tat eine Handtasche des Opfers mit 8000 Euro mitgenommen, den Tresorschlüssel aber erst am nächsten Tag zufällig gefunden und den Safe geleert haben wollte. Er habe außerdem eigenes Geld gehabt und davon sofort eine Autoreparatur bezahlt. Sein Mandant sei ein „professioneller Einbrecher“ und hätte in die Wohnung einbrechen können. Um an das Geld zu gelangen, hätte der 61-Jährige die Frau nicht töten müssen.
Heftige Reaktion beim
Geschlechtsverkehr
Die Tat sei ausschließlich begründet in der heftigen Reaktion der Frau beim Geschlechtsverkehr. Der Angeklagte hatte nach eigenen Angaben die 59-Jährige angeblich aus Atemnot von sich gestoßen, woraufhin sie ihm einen schmerzhaften Tritt in den Rücken versetzt haben sollte.
Baumgärtl gelangte lediglich zu einem bedingten, keinem direkten Tötungsvorsatz und verneinte jegliche Mordmotive. Im „letzten Wort“ schloss sich der auch gestern ruhig und gelassen wirkende Angeklagte seinem Anwalt an.