Kugeln statt Bargeld

von Redaktion

Prozess um Schüsse in Großkarolinenfeld startet am Dienstag

Großkarolinenfeld Für eine Handvoll Drogen hätte er in Großkarolinenfeld beinahe ein Leben ausgelöscht. So sieht es der Staatsanwalt. Für die Schüsse, die er am 26. September vergangenen Jahres auf einen anderen Mann abgegeben haben soll, muss sich ein 23-Jähriger, aus der Ukraine stammender Mann ab kommenden Dienstag vor dem Landgericht in Traunstein verantworten –wegen versuchten Totschlags. Bei der Schießerei hatte der 23-Jährige seinen damals 20-jährigen Kontrahenten so schwer verletzt, dass der in einer Notoperation gerettet werden musste.

Langwierige
Ermittlungen

An einem frühen Samstagmorgen Ende September fielen am Bahnhof Großkarolinenfeld zwei Schüsse. Es war das Finale eines Drogen-Deals, der aus dem Ruder gelaufen war. Und dessen Hergang die Staatsanwaltschaft so schildert: Der 23-jährige in der Region lebende Johannes S. habe über den Messenger-Dienst von Facebook den Kauf von fünf Gramm Marihuana und fünf Tabletten Ecstasy eingefädelt. Der Preis der Drogen: 260 Euro.

Die Frau, mit der S. verhandelt hatte, habe sich am Bahnhof von Großkarolinenfeld eingefunden, zusammen mit einem Begleiter und dem späteren Opfer, heißt es vonseiten der Staatsanwaltschaft. Das Rauschgift hatte die Frau in eine kleine Tüte verpackt. Auch der damals noch 22-jährige vermeintliche Käufer hatte etwas mitgebracht – allerdings nicht die vereinbarten 260 Euro Bargeld, sondern eine Waffe: eine Gaspistole eines türkischen Herstellers.

Die Polizei konnte in langwierigen Ermittlungen den Ablauf der Tat rekonstruieren. Demnach übergab die Frau das Tütchen mit dem Rauschgift an Johannes S. und verlangte das vereinbarte Geld. Daraufhin teilte der den Verkäufern mit, gar kein Geld mitgebracht zu haben. So begann ein Streit, der zunächst verbal ausgetragen wurde. Dann schritt der vermeintliche Käufer zur Tat, nicht spontan, wie der Staatsanwalt meint, sondern nach dem bereits zuvor gefassten Plan. Johannes S. griff nach der im hinteren Hosenbund verborgenen Waffe, zog sie und richtete die Pistole gegen die Frau und deren Begleiter, die wenige Meter von ihm entfernt standen. Als der zweite Begleiter auf S. zuging, um ihn zu entwaffnen, kam es zum Gerangel. Und gegen 3.15 Uhr fielen Schüsse.

Aus zehn Zentimetern Entfernung abgedrückt

Der Angeschuldigte hatte aus nicht mehr als zehn Zentimetern Entfernung zweimal den Abzug durchgedrückt – und zwar laut Anklageschrift mit dem Vorsatz, seinen Kontrahenten zu töten. Wovor das Opfer nur sein Glück und das Können der Ärzte im Rosenheimer Klinikum bewahrten: Eine Kugel drang oberhalb des Nabels in die Bauchhöhle ein und trat weiter unten rechts wieder aus. Dabei erlitt der Mann bedrohliche Verletzungen innerer Organe. So wurde auch eine Schlagader verletzt. Eine zweite Kugel durchschlug den rechten Hüftknochen und trat wieder aus. Der Mann musste einer Notoperation unterzogen und anschließend noch zwei Wochen im Krankenhaus behandelt werden.

Der mutmaßliche Täter verlor die Waffe in dem Gerangel und machte sich mit den Rauschmitteln aus dem Staub. Eine Anwohnerin hatte da schon nach dem Telefon gegriffen und die Polizei benachrichtigt. Die traf um 3.30 Uhr ein und fand den Schwerverletzten nahe der Unterführung des Bahnhofs.

Bereits eine Stunde später konnten die Beamten in Großkarolinenfeld dann auch den mutmaßlichen Täter festnehmen. Der Vorwurf an ihn: versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung sowie unerlaubter Besitz von Drogen und einer Waffe. Gegen die Frau, die in der Septembernacht die Drogen zum Bahnhof in Großkarolinenfeld gebracht hatte, wird eigens verhandelt.

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