Rosenheim – Weil sie auf dessen Liebesschwüre und gefälschte Urkunden reingefallen war, hatte eine 57-jährige Rosenheimerin einem angeblichen Orthopäden rund 58000 Euro in die USA und nach Belgien überwiesen. Ein 60-jähriger Mann aus Ghana, auf dessen Konto ein Teil des Geldes eingegangen war, musste sich jetzt in Rosenheim vor dem Amtsgericht verantworten.
Zwischen Juni und Dezember 2018 fiel die Geschädigte auf die Liebesschwüre eines angeblichen Orthopäden herein, der vorgab, in Syrien für die Vereinten Nationen (UN) tätig zu sein. Im Januar 2018 lernte sie diesen via Facebook kennen. Mittels gefälschter Kopien einer UN-Organisation teilte er ihr mit, er könne sie nur mittels eines Sonderfluges besuchen, den er vorfinanzieren müsse. Dieses Geld könne er in Syrien nicht aufbringen. Deshalb solle sie ihm die Summe vorstrecken – er würde ihr das Geld in Deutschland sofort zurückerstatten.
Von Liebesschwüren getäuscht
So überwies sie ihm binnen sechs Monaten über 58000 Euro, teils auf ein Konto in den USA, teils auf ein Konto in Belgien. Von den gefälschten Urkunden und den Liebesschwüren getäuscht zweifelte sie nicht an der Echtheit und Ehrlichkeit der Beziehung. Selbst als sie schließlich doch zur Polizei ging, so der Beamte als Zeuge vor Gericht, wollte sie nicht an einen Betrug glauben. Für die Überweisungen hatte sie sogar einen Kredit aufgenommen.
Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Facebook-Account bereits gelöscht war. Einzig und alleine der Eigentümer der Bankverbindung in Belgien war noch ausfindig zu machen. Hierbei handelte es sich um einen 60-jährigen Ghanaer, der seit 1987 in Belgien lebt und mit internationalem Haftbefehl gesucht wurde. Im September 2020 wurde er schließlich in Holland festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert.
Vor dem Schöffengericht in Rosenheim unter dem Vorsitz von Richterin Melanie Bartschat bat dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. Jab Caba, um ein Rechtsgespräch.
Konto zur
Verfügung gestellt
Dabei erklärte er, sein Mandant sei – was die Einnahme und Weitergabe der Geldbeträge angeht – umfänglich geständig. Mit den Betrügereien habe er allerdings nichts zu tun gehabt. Der Angeklagte berichtete anschließend: Sein Konto habe er einem langjährigen Bekannten aus Ghana auf dessen Bitten hin zur Verfügung gestellt. Der sei seines Wissens ein ghanaischer Geschäftsmann mit internationalen Kontakten.
Um die näheren Umstände dieser Überweisungen habe er sich keine Gedanken gemacht. Er benannte auch unverzüglich seinen Auftraggeber und gestand ein, dass er für seine Hilfeleistung 1000 Euro erhalten habe. Nachdem er von der Polizei festgehalten worden war, habe er versucht, mit dem Bekannten in Verbindung zu treten. Nun leugnet der aber, ihn überhaupt zu kennen. Alle Zahlungen flossen umgehend nach Accra in Ghana ab.
Alle Prozessbeteiligten verständigten sich darauf, dass es sich bei der Tat des Angeklagten um eine „leichtfertige Geldwäsche“ handelte. Dementsprechend forderte die Staatsanwaltschaft zwei Jahre Gefängnis, die, weil der Angeklagte überhaupt nicht vorbestraft war, zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Verteidiger argumentierte, wegen der Untersuchungshaft sollten eineinhalb Jahre Haft ausreichen. Das Gericht befand 20 Monate für Tat- und Schuld angemessen. Die Haftstrafe wurde auf Bewährung aussetzt. Das Gericht forderte zudem die vom Angeklagten einbehaltenen 1000 Euro als Wertersatz zurück. Theo Auer