Bernau/Rosenheim – Seit acht Monaten können Sabine Bauer und Paul Arnold die Ferienwohnungen auf ihren Bauernhöfen nicht mehr vermieten. Die Anbieter sind verzweifelt und klagen ihr Leid in einem offenen Brief an den CSU-Landtagsabgeordneten und tourismuspolitischen Sprecher Klaus Stöttner.
Sabine Bauer ist erschöpft. Vom vielen Reden, vom langen Warten. Und von der Ungewissheit. Sie weiß nicht, wann sie ihre Ferienwohnungen auf dem Seimehof in Hittenkirchen bei Bernau wieder an Urlaubsgäste vermieten kann.
Angst um
die eigene Existenz
Die 51-Jährige ist im Vorstand der Anbietergemeinschaft „Urlaub auf dem Bauernhof Chiemsee-Wendelstein“. So wie sich fühlten sich ihre Kollegen auch. „Jeder ist wahnsinnig deprimiert, weil es keine Öffnungsperspektive gibt“, sagt sie. „Wir haben Angst um unsere Existenz.“ Denn für viele Anbieter sei das Vermieten von Ferienwohnungen ein „zweites Standbein“, auf das sie angewiesen seien.
Für kleine Landwirtschaftsbetriebe wird es seit Jahren immer schwieriger zu überleben, bestätigt Sabine Bauer. Deshalb sei man auf das Geld aus „Urlaub auf dem Bauernhof“ angewiesen. Die wenigen Geschäftsreisenden, die jetzt in den Zimmern übernachten, würden bei Weitem nicht ausreichen.
Weil sie mit ihren Sorgen Gehör finden wollen, haben Sabine Bauer und ihre Kollegen von der Anbietergemeinschaft einen offenen Brief an Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und den CSU-Rosenheimer Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner geschrieben. „Wir bitten Sie, uns bei der weiteren Corona-Strategie ordentlich und lautstark zu vertreten!“, heißt es in dem Schreiben.
Paul Arnold vom Wimmerhof in Höslwang ist Vorstand der Anbietergemeinschaft und hat es unterzeichnet. „Wir können einfach nicht nachvollziehen, warum bei der Öffnung so gezaudert wird“, sagt er. Insbesondere da die Ferienwohnungen auf den Bauernhöfen seiner Meinung nach wie ganz normale Wohnungen „daheim“ sind – mit eigener Küche und Bad eine abgeschlossene Einheit.
Sabine Bauer fordert von Klaus Stöttner genaue Infos, wann die Anbieter wieder vermieten können. Das sei nicht nur für sie wichtig, sondern auch für die ganze Region. Diese profitiere von den Urlaubern, die einkaufen gehen, die Museen besuchen oder mit dem Schiff und der Bergbahn fahren.
So wie eben im vergangenen Sommer. Von Pfingsten bis Oktober 2020 durften Touristen in den Ferienwohnungen auf den Bauernhöfen in der Region ihren Urlaub verbringen. Sabine Bauer spricht schnell, ohne Pausen. Sie erzählt von Hygienekonzepten, literweise Desinfektionsmittel und großzügigen Anreisezeiten, damit sich die Gäste nicht begegnen. „Es war ein zeitlicher Mehraufwand, aber es hat geklappt.“ Sie denkt, dass es genau so wieder funktionieren könnte.
Gespräch mit der
Anbietergemeinschaft
Dieser Meinung ist auch Klaus Stöttner. Er hält es für „persönlich vertretbar“, dass Ferienwohnungen und Hotels mit modernen Hygienekonzepten eine Perspektive bekämen, um auf Buchungsanfragen reagieren zu können. Entscheidend sei eine „verlässliche Öffnungsperspektive“.
Nach einem Gespräch mit Vertretern der Anbietergemeinschaft wisse er, wie schwierig die Einkommenssituation sei. „Das bringt ein bayerisches Aushängeschild in eine prekäre Situation“, sagt er. „Die kleinstrukturierte bayerische Landwirtschaft ist ein Teil unserer Identität.“ Eine Identität, die vor allem Sabine Bauer erhalten will. Für sich selbst und für ihre Heimat.