Protestwelle baut sich auf

von Redaktion

Auch Handwerker machen gegen Pandemie-Management mobil

Landkreis – Neben den mittelständischen Unternehmen des Bündnisses „Wir stehen zusammen“ machen jetzt auch die Handwerker gegen das Pandemie-Management der Regierenden mobil. In der Region formiert sich der Protest.

Auch Gerhard Hardrath reicht es. Wie die Politik gegen die Corona-Pandemie angeht, lässt den Obermeister der Sanitär und Heizungstechnik-Innung nur noch den Kopf schütteln. „Die Anordnungen unserer Regierung in den letzten Tagen haben für uns das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt der Inhaber eines Wasser-, Gas- und Heizungsbetriebes in Bruckmühl. Er rüstet zum Protest, mit ihm zahlreiche Mitstreiter.

Er und andere Handwerker aus der Region wollen am kommenden Freitag die Arbeit ruhen lassen. Er habe mit Maurern, Fliesenlegern, Brauern, Elektrikern, Metzgern und vielen anderen überlegt, was man tun könne. Am Ende der Überlegungen stand der Unternehmer-Streik. „Wir werden keine Bestellungen tätigen, keinen Notdienst bereitstellen und auch sonst nicht erreichbar sein“, so Hardrath.

Funktioniert nicht durchgängig: Hubert Lohberger, Obermeister der Metzgerinnung und Chef eines großen Geschäftes in Rosenheim, wird am Freitag seinen Laden nicht schließen: „Ich arbeite mit frischer Ware, der Freitag ist umsatzstark und am nächsten Tag ist Feiertag. Da kann ich nicht zusperren.“

Einfach nicht
erreichbar sein

Zweck der Aktion sei es laut Hardrath zum einen, dass die Kunden sich schon mal daran gewöhnen, dass der eine oder andere Betrieb bald nicht mehr erreichbar ist, nicht nur am Freitag, sondern gar nicht mehr. Und zum anderen wollen die Selbstständigen auf ihre Forderungen aufmerksam machen: Aufhebung der Testpflicht in den Betrieben, keine Quarantäne für Mitarbeiter mit negativem PCR-Test und einiges mehr. Und vor allem: sinnvolle und berechenbare Maßnahmen der Regierung. „Von uns wird so was ja auch erwartet“, sagt Hardrath.

Und sie liefern, die Handwerker. Andreas Jegg verkauft und verlegt Fliesen. Seine Mitarbeiter sind in immer den gleichen Teams unterwegs, haben eine Richtschnur, was Arbeitssicherheit und Hygiene betrifft. Auf den Baustellen werde deren Einhaltung kontrolliert. „Wir können auf unsere Mitarbeiter selbst aufpassen – wir machen das auch schon viel länger als die Politiker“, sagt der Kolbermoorer. Die sollten sich um ihre Kernkompetenz kümmern und die Unternehmer eigenverantwortlich handeln lassen. Keiner seiner Mitarbeiter habe sich in den letzten 15 Monaten auf einer Baustelle angesteckt.

Wirtschaftlich sei sein Unternehmen bisher einigermaßen über die Runden gekommen, auch wenn es aufgrund der Tests und Auflagen oft zeitlich knapp wurde und Vertragsstrafen drohten. Bei den Privatkunden habe das Geschäft deutlich nachgelassen. Jetzt komme erschwerend hinzu, dass das Material knapp wird. „Aber im Gegensatz zu anderen geht es bei uns nicht um die nackte Existenz.“

Ein besonderes Problem haben Betreiber eines Lagerhauses oder eines Bau- und Gartenmarktes: Der Landwirt oder Gewerbetreibende kommt ohne Termin und ohne Test, kauft einen Sack Dünger oder zwei Dübel. Privatleute, die Vogelfutter kaufen wollen, können das – wenn sie dann noch zwei Dübel haben wollen, dürfen die nicht ohne Termin und Test verkauft werden. Obwohl der Kunde schon im Laden steht. Gas zum Heizen darf verkauft werden, Gas zum Grillen nicht. Sonst droht Ungemach.

Kein Mensch kann die Regelung nachvollziehen, sie widerspreche nach Meinung einiger Baumarkt-Betreiber nicht nur Artikel 3 des Grundgesetzes, wonach vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind. Sie widerspreche auch dem normalen Menschenverstand. Deshalb gibt es in der Region Inhaber, die alle Kunden ohne Corona-Test einlassen. Sie haben sich auch schon öffentlich zu dem Thema geäußert, wollen dies jetzt aber nicht tun. Gleichzeitig suchen sie weitere Mitstreiter, denn ihre Hoffnung ist es, dass ein Umdenken einsetzen könnte, wenn sich alle an diesem „stillen Protest gegen sinnfreie Corona-Regeln“ beteiligten.

Den „stillen Protest“ der Handwerker, am Freitag einen Streiktag einzulegen, findet Richard Diebald gut. Der Chef eines großen Lackierbetriebes steckt allerdings in der Zwickmühle, dass er in zu vielen Lieferketten steckt, um selber mitzumachen. „Aber ich finde die Idee sehr gut. Dann merken die Leute mal, was passiert, wenn Handwerker nicht arbeiten.“

Polizei und Ordnungsamt warten nicht vor dem Laden

Ein Kunde auf 20 Quadratmeter, ab 800 Quadratmetern Verkaufsfläche ein Kunde pro weitere 40 Quadratmeter, das sind bei einer Inzidenz über 100 die aktuell gültigen Zahlen für den Einzelhandel. Waren und Dienstleistungen, die nicht für den täglichen Bedarf sind, dürfen nur mit Termin und negativem Corona-Test gekauft oder in Anspruch genommen werden. „Wir stehen sicher nicht vor dem Friseursalon und fragen jeden Kunden nach dem Test“, sagt Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Rosenheim, aber die Kollegen im Zuständigkeitsbereich kontrollierten die Einhaltung der Regelungen schon. Und sie reagierten spätestens, wenn entsprechende Meldungen eingingen. Das Ordnungsamt der Stadt Rosenheim nimmt Stichprobenkontrollen vor, so Sprecher Christian Schwalm. Weder im Landratsamt noch in der Stadt gab es in den letzten Tagen Rückmeldungen zu Verstößen, so Schwalm und Michael Fischer vom Landratsamt übereinstimmend.

Demo am Freitag

Eine „Kundgebung für den Mittelstand“ ist für Freitag, 30.April, mit 900 Teilnehmern in Rosenheim angemeldet, bestätigt Christian Schwalm von der Stadt. Um 16 Uhr geht es vom Lokschuppen via Münchner Straße zum Max-Josefs-Platz, dort sind bis 18.30 Uhr Reden geplant.

Unternehmer erzielt Achtungserfolg als Ludwig-Gegenkandidat

Markus Dettendorfer, 48-jähriger Unternehmer aus Söchtenau, ist einer der Initiatoren und Sprecher von „Wir stehen zusammen“, einem Bündnis mittelständischer Unternehmer. Und er war bei der Nominierungsversammlung der CSU die Überraschung des Tages als Gegenkandidat von Daniela Ludwig. Er habe seit zwei, drei Wochen mit der Idee gespielt, so Dettendorfer, der seit 15 Jahren CSU-Mitglied ist. Für den traditionsbewussten Jungunternehmer war die CSU die einzig logische politische Heimat. Jetzt wollte er ein Angebot für einen Politikwechsel machen.

Auslöser sei unter anderem die desaströse Corona-Politik gewesen. Da würden unverhältnismäßige Mittel eingesetzt, Inzidenzwerte ohne Berücksichtigung der Tests bewertet. Milliardenverluste der Sozialkassen und ein Insolvenz-Tsunami in der Wirtschaft seien die Folge.

Und dann werde mit dem Brenner-Nordzulauf auch noch die Lieferzeit von Asien nach Europa verkürzt. Da müssten die Bedarfsnachweise schon erdrückend sein, um die massiven Eingriffe in die Natur und den Alltag der Menschen sowie den Schaden für die Wirtschaft auch nur ansatzweise vertretbar zu machen.

Vonseiten der CSU fehlt Dettendorfer zum Thema Atommüllendlager in der Region eine klare Aussage. „Ich halte das für völlig unvorstellbar.“

Und zu guter Letzt gefällt ihm die Ausrichtung der CSU nicht mehr. Diese hänge viel zu sehr am Rockzipfel der CDU, müsse wieder konservativere Positionen beziehen.

Alles über zehn Prozent hätte er gegen eine so langjährig amtierende Kandidatin als Erfolg verbucht, so Dettendorfer. Ein Hauch unter 20 Prozent der Stimmen wurden es. Für ihn ein Spiegel der Stimmung an der Basis. syl

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