Rosenheim – Tom Ottitsch ist umgezogen. Also, nicht ganz und schon gar nicht für ewig. Aber: Nicht mehr in der Rosenheimer Innenstadt, sondern am Simssee sieht man den Betreiber des Clubs Tatis derzeit die meiste Zeit des Tages.
„Tatis ist ja gerade nicht so“, sagt Ottitsch. Seit einigen Wochen betreibt er statt der Bar also einen Kiosk am See, nicht ideal, aber man könnte es schlimmer treffen, findet er. Derweil plant er schon seine Sommeraktivitäten. Nicht ganz so groß wie vergangenes Jahr, als die Bermuda-Insel einen Großteil des Salzstadels einnahm. „Aber wir werden den Vorplatz und den Hinterhof vom Tatis herrichten und aufhübschen“, sagt er, „zusammen mit dem ,Hans Wurst‘ – das wird schön.“
Niemand wettet
auf das Großereignis
So wie Tatis-Chef Ottitsch geht es gerade vielen Rosenheimern. Auf das Großereignis der Stadt, das Herbstfest, würde niemand wetten wollen. Und der erneute Ausfall wäre wirtschaftlich eine Katastrophe, wie etwa Paul Adlmaier sagt, Chef eines Bekleidungshauses für Männer in Rosenheim und Vorsitzender des City-Managements. Aber: Über das Desaster entgangener Einnahmen in Höhe von vielen Millionen Euro hinaus schauen die Menschen in der Region nach dem Lichtstreif am Horizont.
Denn vorm Herbstfest kommt der Sommer. Er soll groß werden, und vor allem soll er bunt sein. Der „Sommer in Rosenheim“ bescherte den Menschen im vergangenen Jahr eine kräftige Dosis Stimmungsaufheller. „Das war schon ein Erfolg“, sagt Max Fahrenschon, Vorsitzender des Schausteller-Verbands Rosenheim.
Reich wurde niemand damit, und auch insgesamt haben die mittlerweile 14 Monate der Pandemie sein Unternehmen und die seiner Kollegen mitgenommen. Aber – die Schausteller konnten sich präsentieren, sie verdienten wenigstens ein bisschen, und die Menschen hatten Freude. „Wenn das Herbstfest nicht stattfinden kann, ist es schlimm“, sagt Fahrenschon. Aber das Alternativprogramm sei „auf jeden Fall viel besser als nichts“.
Worauf Fahrenschon hofft: dass der „Sommer“ dieses Jahr noch ein wenig früher beginnen kann. Vergangenes Jahr hatte man noch nicht so viel Erfahrung mit der Pandemie gesammelt. Da musste man auch den „Plan B“ erstmal erfinden und entwerfen. Diesmal ist schon etwas mehr Routine zu spüren. Jedenfalls verspricht Fahrenschon: „Das Kinder-Karussell wird‘s wieder geben.“
Mit den Planungen ist man früher dran als im vergangenen Jahr, Ob das Herbstfest stattfinden kann oder nicht, dazu möchte sich Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl nicht äußern. Die Entscheidung liege in den Händen des Wirtschaftlichen Verbands. Aber zu den Planungen für die nächsten Monate. Nicht ganz einfach, sagt er „zumal sich auch rechtliche Rahmenbedingungen permanent ändern“.
Aber noch im Mai wolle man am Max-Josefs-Platz und am Ludwigsplatz zusätzliche Liegen aufstellen, Elemente wie „Rosenheim blüht auf“ kommen dann nach und nach dazu, genau so wie ein Beachvolleyballfeld auf der Loretowiese und ein Strandkorbfestival. Der Sommer in Rosenheim sei heuer „breiter angelegt“, sagt Bugl. Und auf langfristige Wirkung: Das Strandkorbfestival etwa soll von 25. Juni bis 8. August eine Folge von Konzerten nach Rosenheim bringen.
Das Herbstfest ersetzen kann das alles nicht. Aber es hilft. Das findet auch Theresa Albrecht, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands. „In jedem Fall ist das gut“, sagt die Rohrdorfer Hotel-Unternehmerin. „Wir müssen schauen, dass die Menschen wieder Freude haben.“
Was ebenfalls helfen würde: eine Perspektive. „Ob das Herbstfest stattfindet oder nicht, ist uns im Grunde wurscht“, sagt Martin Kupferschmied vom Happinger Hof. „Aufmachen müssten wir wieder dürfen.“ Wann die Hotels wieder Urlauber und die Gaststätten Gäste zumindest in der Außengastronomie empfangen dürfen, steht aber noch in den Sternen. Weswegen sich Kupferschmidt von Dehoga wie von der Politik verlassen fühlt.
Da bringt sich Klaus Stöttner ins Spiel, Landtagsabgeordneter und tourismuspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion. „Drei G“ heißt sein Vorschlag, er meint: „Genesene, Geimpfte, Getestete“. Wer Corona hinter sich habe, durch die Spritze immunisiert sei oder einen negativen Test vorweisen könne, solle Platz nehmen dürfen. Das will er vorschlagen. Mitte Mai, so hofft Stöttner, soll die Gastronomie öffnen dürfen. Teilweise zumindest. Es wäre besser als nichts.