Rosenheim – Bei der Pandemie-Lage stehen die Zeichen auf Entspannung, die Region Rosenheim unternimmt in diesen Tagen erste Schritte zurück zur Normalität. Für den Landkreis traten die ersten Lockerungen bereits am Mittwoch, 0 Uhr, in Kraft, die Stadt folgt am heutigen Samstag unter anderem mit dem Wegfall der Ausgangssperre, Präsenzunterricht an den Schulen und Öffnungen der Außengastronomie (siehe Kasten).
Möglich machen es die anhaltend sinkenden Corona-Infektionszahlen: Die 7-Tage-Inzidenz in der Stadt lag am Donnerstag mit 72,4 zum fünften Mal in Folge unter 100, damit konnten gestern die Erleichterungen im Amtsblatt veröffentlicht werden. Der Abwärtstrend scheint stabil: Gestern lag die Stadt Rosenheim bei 66,1. Der Landkreis nähert sich mit dem Stand von 59,3 der Marke von 50, ab der weitere Lockerungen möglich wären.
Mutationen
bereiten Sorgen
Laut dem wöchentlichen Corona-Lagebericht des Rosenheimer Gesundheitsamtes machen in der Region die besorgniserregenden Varianten des Virus die Mehrzahl der Fälle aus (im Mai rund 70 Prozent). Vorherrschend ist dabei die britische. Neu ist in dieser Woche die indische Variante. Erstmals wurden dem Gesundheitsamt zwei Fälle gemeldet. In den Kliniken in Stadt und Landkreis werden nach Auskunft der Behörde aktuell 71 Covid-19-Patienten stationär behandelt (Vorwoche: 78). 20 davon befinden sich auf Intensivstationen.
Wenn auch die dritte Welle gebrochen scheint, so ist Corona noch lange nicht besiegt. Was Sorgen bereitet: Nunmehr könnte die Impfkampagne ins Stocken geraten. Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich die Impfzentren in den nächsten Wochen auf Zweitimpfungen konzentrieren. Diese stehen dringend an, wartet man zu lange, könnte der Effekt der ersten Impfung zu großen Teilen verpuffen.
Wenig Biontech/Pfizer-Serum
Jetzt werden nach Auskunft des bayerischen Ministeriums für Gesundheit besonders viele Abschlussimpfungen nötig, weil die Ständige Impfkommission die Frist für Biontech/Pfizer von drei auf sechs Wochen verlängert hat. So konnten ab 5. April zunächst besonders viele Erstimpfungen vorgenommen werden, die bereits einen gewissen Schutz versprechen. Um die volle Wirkung zu entfalten, muss all diesen Menschen nun zum zweiten Mal das Serum gespritzt werden.
Erstimpfungen werden in den Impfzentren nur noch vorgenommen, so weit nach den Zweitimpfungen noch Vakzin übrig ist. Auch die Hausärzte – die ersten von ihnen schalteten sich Anfang April in die Impfkampagne ein – sind in den kommenden Wochen zunehmend mit Zweitimpfungen beschäftigt. Für Erstimpfungen bleibt immer weniger übrig. Zumindest, was den Stoff von Biontech/Pfizer betrifft. Bisher sind insgesamt 79022 Menschen zum ersten Mal geimpft worden. Die Vakzine wurden seit Impfstart im Dezember vor allem in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern sowie dem Impfzentrum auf der Rosenheimer Loretowiese verabreicht. 32061 Menschen wurden bereits zum zweiten Mal geimpft. Was die wöchentlichen Neuinfektionen angeht, zeichnet sich weiterhin ein Abwärtstrend ab. Dem Gesundheitsamt wurden insgesamt 196 neue Fälle gemeldet.
In der vergangenen Woche waren es noch 302. Damit sind seit Beginn der Corona-Pandemie bisher 17496 Infektionsfälle in Stadt und Landkreis Rosenheim aufgetreten. Rund 16000 Menschen sind mittlerweile genesen. 511 Personen sind an Covid-19 gestorben, nur 19 davon waren jünger als 60 Jahre. In der vergangenen Woche erlag ein Mensch der Krankheit. Infektionsherde sind derzeit die Stadt Rosenheim (34 Neuinfektionen, 3862 insgesamt), Bad Aibling (15 Neuinfektionen, 1151 insgesamt), Kolbermoor (zehn Neuinfektionen, 1013 insgesamt) und die Gemeinde Schechen (ebenfalls zehn Neuinfektionen, 341 insgesamt). Keine neuen Fälle gab es in der vergangenen Woche in 13 Kommunen im Landkreis.
Trotz der sinkenden Infektionszahlen und gelockerten Regeln mahnt Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Rosenheimer Gesundheitsamts, zur Vorsicht. Er müsse „etwas Wasser in den Wein gießen“, sagt er. „Wir dürfen nicht riskieren, dass durch Unachtsamkeit, Unvernunft oder Leugnung der Realität die Infektionszahlen wieder ansteigen und so schweren Erkrankungen den Weg bereiten.“ Die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln müssten auch weiterhin eingehalten werden.
Schulen und Kitas keine Pandemietreiber
Andernfalls würden die Infektionszahlen möglicherweise wieder steigen. Weiterhin stecken sich die meisten Menschen im privaten Umfeld an, wie aus dem Corona-Bericht hervorgeht. 73 Prozent infizieren sich dort, nur fünf Prozent am Arbeitsplatz. Schulen und Kitas tun sich hingegen nicht als Pandemietreiber hervor.
Es gebe dort zwar auch weiterhin einzelne Fälle und Ausbrüche, heißt es vonseiten des Gesundheitsamtes. Diese machen jedoch nur zwei Prozent der bekannten Infektionsursachen aus. Erfreulich für den Amtschef ist, dass seit dem letzten Wochenbericht keine neuen Fälle aus Kliniken sowie Pflege- und Behindertenheimen gemeldet wurden. „Dies ist ein großer Erfolg der Impfungen in den Einrichtungen“, sagt Hierl.