Traunstein/Rimsting – Ein 30-Jähriger aus Rimsting machte einen willigen 16-jährigen Schüler ausfindig, dem er mehrfach Marihuana und Haschisch in Kommission übergab und der dafür einen Teil der Drogen selbst konsumieren konnte. Die Erste Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Heike Will verhängte jetzt wegen einer zeitlichen Zäsur und unter Einbeziehung einer Vorstrafe zwei getrennte Freiheitsstrafen von fünfeinhalb und sechseinhalb Jahren. Darüber hinaus ordnete das Gericht die Unterbringung des Mannes in einer Entzugsanstalt an.
Der achtfach vorbestrafte Angeklagte hatte dem mittlerweile 17-jährigen Zeugen in den Jahren 2019 und 2020 mehrmals in Einzelmengen über 800 Gramm Haschisch beziehungsweise Marihuana in Kommission überlassen und den Schüler zum Weiterverkauf „bestimmt“, wie der juristische Fachausdruck lautet. Einen Teil der Drogen konnte er dafür selbst konsumieren.
Aus der U-Haft entlassen
Ein wichtiger Stichtag in diesem Verfahren war der 21. April 2020. An diesem Tag war der Angeklagte wegen anderer Betäubungsmittelvorwürfe vom Amtsgericht Rosenheim zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt und aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die jetzige erste Haftstrafe galt den Taten der jetzigen Anklage vor dem 21. April 2020, die zweite den weiteren Taten danach.
Zum Sachverhalt berichtete Vorsitzende Richterin Heike Will von einem ersten Kontakt zu dem damals 16-Jährigen im Herbst 2019 in Prien – „zum Beschnuppern“. Beim zweiten Kontakt in Rimsting habe der 30-Jährige den Schüler ausgefragt, unter anderen bezüglich Alter und Drogenkonsum. Beim nächsten Treffen in seiner Wohnung habe er dem Zeugen Marihuana und Haschisch in Kommission angeboten und übergeben.
„Erstaunlich schnell“, so Richterin Heike Will, habe der 16-Jährige bereits drei Tage später alles bezahlt. In dem Prozess habe der Zeuge seine Abnehmer nicht benannt, aber zugegeben, einen Gewinn beim Weiterverkauf der Drogen erzielt zu haben. Will: „So konnte er seinen Eigenkonsum finanzieren.“
Im Zuge wohl weiterer, nicht angeklagter Geschäfte seien Schulden des 16-Jährigen von 1500 Euro aufgelaufen. Nach dem 21. April 2020 habe der 30-Jährige den Schüler wieder zum Drogenverkauf aufgefordert. Die Geldübergabe sei in Prien an den Gleisen der Chiemsee-Bahn erfolgt. Wochen später habe der Angeklagte den Zeugen wieder herbeizitiert, ihm für 2400 Euro Betäubungsmittel ausgehändigt. Für den 16-Jährigen, der 2300 Euro dafür hinlegen musste, waren gerade noch 100 Euro Gewinn drin. Der junge Mann brach den Kontakt ab.
Nach Überfall zur Polizei gegangen
Die Vorsitzende Richterin betonte: „Während der Geschäftsbeziehung hatte der Angeklagte den Zeugen mehrfach mit Repressalien und Schlägen bedroht.“ Am 4. Oktober 2020 sei der 16-Jährige Opfer eines Überfalls durch mehrere Leute geworden und sei, nachdem er den Angeklagten als Auftraggeber vermutet habe, zur Polizei gegangen.
Der Tatnachweis stützte sich nach Worten von Frau Will auf den in gleicher Sache schon verurteilten Zeugen, der sich mit seinen Angaben selbst massiv belastet habe. „Dass er Sie zu Unrecht belastet hat – dafür gibt es keine Anhaltspunkte“, stellte die Vorsitzende Richterin klar. Für den Angeklagten sprächen zum Beispiel das Geständnis von erheblichem Beweiswert und seine eigenen Suchtprobleme.
Staatsanwalt Dr. Christian Liegl hatte neben der Unterbringung zwei getrennte Strafen von fünf und sechs Jahren beantragt, während Verteidiger Florian Wurtinger aus München auf eine nicht bezifferte Freiheitsstrafe mit möglichst kurzem Vorwegvollzug plädierte.
Monika Kretzmer-Diepold