Morgen ist „Prangertag“

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Im Altbayerischen wird das morgige Fest Fronleichnam auch „Prangertag“ genannt, denn bei der Prozession, die normalerweise an diesem Tag stattfindet, zeigen sich Natur und Menschen, Vereine und Verbände in ihrem schönsten Gewand. Der Ausdruck „am Pranger stehen“ hat dagegen einen negativen Beigeschmack. Er erinnert an die mittelalterliche Praxis, moralisch verurteilte Bürger als Strafe öffentlich verspottet zur Schau zu stellen.

Genauso fühle ich mich manchmal, wenn ich mich heute als glaubender Mensch fast schon rechtfertigen muss. Bei aller berechtigter Kritik an unseren Kirchen, an Skandalen und dem Verhalten einzelner Würdenträger, kann doch in einer scheinbar freien und offenen Gesellschaft, in der man ja auch Atheist sein darf, der Respekt vor der Glaubensüberzeugung des Einzelnen eigentlich vorausgesetzt werden. Man steht als religiöser Mensch „am Pranger“ und wird belächelt, weil man in einer aufgeklärten Welt daran glaubt, dass unser Leben in der Hand von etwas Größerem liegt.

Wenn im nächsten Jahr unsere Prozession möglich ist, gehe ich mit vielen anderen sehr gerne wieder mit. Fronleichnam ist ein Fest tiefer innerer Freude darüber, dass wir als bunte Gemeinschaft mit Jesus Christus im Leben unterwegs sind und ihn als Kraftquelle in unserer Mitte haben.

Dass die Kirchen „am Pranger“ stehen, ist dann auch Mahnung zugleich. Es mag uns erinnern, dass wir aus unserer gemeinsamen Mitte heraus wirklich an Kirche und Welt weiterbauen und so tatsächlich die menschgewordene Liebe auf die Straße tragen.

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