Rosenheim – Weil er eine 17-jährige Prienerin vergewaltig haben soll, musste sich jetzt ein 24-jähriger Rosenheimer vor dem Schöffengericht verantworten. Zweifel des Gerichts an der Schuld des Angeklagten sorgten letztlich für einen Freispruch.
Für den Anklagevorwurf der Vergewaltigung reicht es, wenn es gegen den erkennbaren Willen zu sexuellen Handlungen kommt. Im Fall des 24-Jährigen war das aber wohl nicht eindeutig. Mit Oralverkehr war seine damals 17-jährige Partnerin nämlich einverstanden. Zum Beischlaf sollte es aufgrund ihrer Religion aber nicht kommen. Nun musste sich der Rosenheimer vor dem Schöffengericht verantworten, weil er, laut Anklage, gegen den Willen der Frau in sie eingedrungen war.
Vorangegangen waren eine Verabredung in einem Lokal und intime Gespräche über Sex und Beziehungen. Anschließend hat der 24-Jährige die junge Frau nach Hause gefahren. Bereits im Auto ist es zum Austausch von Zärtlichkeiten gekommen. Da ihr der junge Mann sympathisch gewesen sei und sie sich wegen seines Hustens um ihn gesorgt habe, hätte sie ihm angeboten, bei ihr zu übernachten, sagte die Prienerin.
Sie habe den Angeklagten angewiesen, sein T-Shirt auszuziehen und sich auf ihr Bett zu legen, damit sie ihn mit Wärmesalbe einreiben könne. Sie habe zugelassen, dass er sie geküsst und unter der Unterwäsche berührt habe. Es sei zum Oralverkehr gekommen, aber sie habe mehrmals betont, dass es nicht zum Äußersten kommen solle, weil sie noch Jungfrau sei und Angst habe. Der Angeklagte habe ihr versichert, dass sie ihm vertrauen könne und er nichts machen werde, sagte die mittlerweile 18-Jährige.
Der Angeklagte habe dann seine sexuellen Handlungen fortgesetzt, und obwohl sie mit ihren Armen Druck gegen seinen Oberkörper ausgeübt habe, sei er in sie eingedrungen.
Anzeige nach
Gespräch mit Freund
„Es hat nicht zu hundert Prozent meinem Willen entsprochen“, sagte die 18-Jährige auf Nachfrage des Gerichts, „aber ich habe auch nicht klar Nein gesagt“. Am Morgen sei es dann noch einmal zum Geschlechtsverkehr gekommen. Sie sei traurig gewesen, dass er ihr ihre Jungfräulichkeit genommen habe und habe es einfach zugelassen. Später habe sie sich dann über ihre Leichtsinnigkeit geärgert. Nach einem Gespräch mit einem Freund habe sie sich einige Tage später zur Anzeige entschlossen.
Für den Angeklagten kam der Tatvorwurf aus heiterem Himmel. Er hatte sich nach eigener Aussage in die junge Frau verliebt. Den Verlauf des Abends schilderte er weitgehend ähnlich. Für ihn war es ein Rendezvous, bei dem es einvernehmlich zum Sex gekommen sei.
Mit seiner Aussage „Vertraue mir, ich mache nix“, habe er gemeint, dass er aufpassen werde, dass es zu keiner Schwangerschaft komme. Aufgezeichnete Sprachnachrichten des Angeklagten belegten, dass er mit der jungen Frau auch nach dem Vorfall noch in Kontakt war. Dabei wirkte die Stimme der Geschädigten zwar ein wenig betrübt, aber es kam zu keinerlei Vorwürfen.
Verteidiger Müller stellte heraus, dass sein Mandant weder in der fraglichen Nacht noch im Nachhinein an der Reaktion der Geschädigten erkennen konnte, dass sie mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden gewesen sei. Es sei keine Ablehnung oder Gegenwehr erkennbar gewesen, deshalb könne es nur einen Freispruch geben.
Staatsanwalt Ziemer sah den Tatvorwurf dagegen bestätigt, weil die damals 17-Jährige dem Angeklagten gesagt habe, dass sie das nicht wolle. Allerdings sei der Angeklagte kein Sexualstraftäter und die Geschädigte habe keinen großen Belastungseifer gezeigt, deshalb sei die Mindeststrafe von zwei Jahren auf Bewährung ausreichend.
„In dubio
pro reo“
„Wir wissen nicht, was erkennbar war“, lautete das Urteil des Schöffengerichts. Der Tatvorwurf der Vergewaltigung setze sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen voraus, aber das Nein müsse objektiv erkennbar sein. In dubio pro reo sei der Angeklagte freizusprechen, hieß es in der Urteilsbegründung. Christa Auer