Wenn sich der Mond über die Sonne legt

von Redaktion

Interview Elmar Junker erklärt das heutige Phänomen und gibt Tipps für den gefahrlosen Blick gen Himmel

Rosenheim – Heute blickt die Welt gebannt in den Himmel. Der Anlass: eine partielle Sonnenfinsternis. Die OVB-Heimatzeitungen haben Professor Elmar Junker von der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim, Astronomie-Experte und Leiter der TH-Sternwarte, zu dem Ereignis befragt.

Um was für eine Sonnenfinsternis handelt es sich heute?

In Grönland ist es eine ringförmige Sonnenfinsternis, bei uns in Deutschland eine partielle. Das hängt von der Position des Beobachters auf der Erde ab und wie groß der Anteil der Sonne ist, die der Mond abdeckt.

Ist die Sonnenfinsternis in Rosenheim dann überhaupt gut zu sehen?

Sie ist von ganz Deutschland aus gut zu sehen. Der Mondschatten wird einen Teil der nördlichen Halbkugel abdecken, fast ganz Europa wird im Schatten liegen. Je weiter man im Norden ist, umso mehr wird von der Sonnenscheibe abgedeckt. In Sylt sind das 21 Prozent, in Rosenheim nur sechs, weil wir von Grönland weiter weg liegen, wo die Sonnenfinsternis ihr Maximum erreicht.

Wie lange dauert die Sonnenfinsternis?

In Rosenheim dauert sie von 11.40 bis 13.20 Uhr, also gute eineinhalb Stunden. Ganz am Anfang wird man sie mit bloßem Auge erst einmal gar nicht sehen können. Wenn es losgeht, braucht man ein Fernglas, um zu erkennen: Ups, da schiebt sich was davor, da ist der Rand ein bisschen angeknabbert. Während des Maximums um 12.30 Uhr wird man sie mit bloßem Auge deutlich sehen können. Wahrscheinlich aber schon zwischen 12 und 13 Uhr.

Was brauchen Personen, um das Spektakel gefahrlos zu beobachten?

Idealerweise benutzt man eine Sonnenfinsternisbrille, die noch vom letzten Mal im Schrank liegt. Beim Optiker kann man auch danach fragen. Die Brillen sind nicht teuer, manche verschenken sie sogar oder verlangen nur einen Euro. Alternativ kann man auch ein Schweißerglas verwenden, die gibt es in verschiedenen Sicherheitsstufen. Bei uns sollte man Schutzstufe 14 verwenden. Auf gar keinen Fall Stufe elf nehmen, doppelte Sonnenbrillen oder eine Scheibe per Kerze mit Ruß beschwärzen. Das hat man früher gemacht, ist aber gefährlich für die Augen, weil so UV- oder Infrarotlicht durchgeht. Man kann auch ein Fernrohr verwenden. Auch bei diesem ist es wichtig, dass man einen Schutz hat. Dieser muss aber vor dem Objektiv angebracht sein. Es darf nicht vor der Augenlinse liegen, das ist super gefährlich. Das Objektiv wirkt wie ein Brennglas, in das das Auge hineinsieht. Es wird unheimlich heiß und das Glas würde zerspringen.

Warum ist es so gefährlich, ohne Schutz in die Sonne zu blicken?

Weil es blind macht. Sie brennen sich quasi ein Loch in die Netzhaut. Das passiert nicht nur durch das sichtbare Licht, auch durch das Infrarot- und UV-Licht. Deswegen haben wir auch einen natürlichen Schutzreflex. Kein Mensch würde am helllichten Tag mit voll geöffneten Augen in die Sonne blicken. Wir würden die Lider automatisch zusammenkneifen. Wenn Sie jetzt noch ein Fernglas dazu nähmen, würde sich das Ganze noch verstärken.

Wann gab es zuletzt eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland?

Das war die berühmte Sonnenfinsternis vom 11. August 1999, ein besonderes Erlebnis. Dieses schwarze Loch am Himmel ist etwas Bizarres und Unnormales. Wenn ich jetzt davon erzähle, läuft es mir kalt den Rücken runter. Das muss man mal erlebt haben. Am selben Ort gibt es das durchschnittlich nur einmal in 375 Jahren.

Wann ist die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland?

Das dauert noch etwas. Am 3. September 2081 wird es eine knapp totale Sonnenfinsternis in Rosenheim geben. München liegt zehn bis 15 Kilometer außerhalb der Totalitätszone. Es ist eher außergewöhnlich, dass man in Rosenheim nur 82 Jahre warten muss, von 1999 bis 2081. In den Vereinigten Staaten gibt es in Illinois einige Orte, an denen man mit nur sieben Jahren Abstand eine totale Sonnenfinsternis erleben kann, in 2017 und 2024.

Wie werden Sie die heutige Sonnenfinsternis erleben?

Ich werde zu Hause meine beiden Fernrohre aufbauen. Die Sonnenfinsternis sehe ich mir auf jeden Fall an. Wenn ich unterwegs bin, werde ich mein Schweißerglas oder meine Sonnenfinsternisbrille dabei haben. Das ist einfach nett anzusehen, wie der Mond langsam an der Sonne vorbeiwandert, diese langsam anknabbert und wieder freigibt. Anfang Oktober öffnet dann hoffentlich auch die Sternwarte der TH wieder für die Öffentlichkeit. Interview: Paula L. Trautmann

Wetterprognose eher ungünstig

Die Chancen auf einen freien Blick auf die Sonne in Rosenheim und Umgebung stehen heute nicht allzu gut. Nach derzeitigem Stand der Modellprognosen muss vielmehr mit Wolken gerechnet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sogar Schauer auftreten, ist insgesamt höher, als dass der Himmel wolkenlos sein wird. Allerdings besteht laut Guido Wolz, Leiter des Referats Regionale Wetterberatung in München, auch „eine kleine Chance“ auf Wolkenlücken: „So präzise lässt sich das nämlich mit den Modellen nicht prognostizieren.“

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