„Definitiv infektiöser“

von Redaktion

Corona: Rosenheimer Experte rät bei Delta-Variante zur Wachsamkeit

Rosenheim Droht der Region eine vierte Welle? Die Mutante des Coronavirus aus Indien ist nach Einschätzungen von Experten aus der Region besonders ansteckend. „Sie scheint definitiv infektiöser zu sein“, sagt Dr. Thomas Schulzki, Geschäftsführer und Laborleiter des Medizinischen Labors in Rosenheim.

In Stadt und Landkreis Rosenheim ist dieser neue Typ des Virus nach den Zahlen des Staatlichen Gesundheitsamts noch eine Randerscheinung. Aber: Bei neuen Varianten stellt sich Gewissheit erst mit Verzögerung ein. Auch bei der britischen Variante hielt sich das Gesundheitsamt zunächst zurück – bis durch Sequenzierung, die Analyse des Virus-Erbguts, aus Verdachtsfällen nachgewiesene Infektionen durch den Typ B.1.1.7 wurden. Die Folgen für die Statistik waren dramatisch. Die Zahlen explodierten förmlich. Bis zum Abflauen der Pandemie im Juni gingen gut zwei Drittel der Fälle auf Infektionen mit dieser Variante zurück.

Gewissheit erst
durch Sequenzierung

Aktuell meldet das Gesundheitsamt Rosenheim sieben Fälle der Delta-Variante in Stadt und Landkreis. Seit Freitag sank die Zahl sogar um einen Fall. „Befundkorrektur des Labors“, erklärt Sprecherin Ina Krug auf Nachfrage. Auch Behörden und Wissenschaft müssen sich auf die neue Lage einstellen. Thomas Schulzki rät zur Wachsamkeit. „Diese Variante macht mir nicht direkt Angst, aber ich beobachte die Entwicklung mit Interesse“, sagt er.

Das Abflauen der Pandemie bremst den Erkenntnisdrang von Wissenschaftlern und Praktikern. Denn zur- zeit kommen nur wenige positive Tests im Labor an, „dem allgemeinen Trend folgend“, wie Schulzki sagt. So habe man auch weniger Proben zur Verfügung, an denen man neu eingeführte Testverfahren auf „besorgniserregende Varianten“ (VOC) testen könne.

„Diagnostisch problematisch“

Was er bestätigen kann: Der neue Typ kommt unauffällig daher. „Diagnostisch problematisch“ sei, dass die neue Variante bei den bisherigen Tests als „Wildtyp“ durchgehe, also als ursprünglicher Typ. „Erst nachgelagerte Tests weisen sie als Delta-Variante nach.“ Die sichere Methode zum Nachweis ist die Sequenzierung. Sie wird vorgenommen in spezialisierten Labors, etwa beim Landesamt für Gesundheit in Erlangen. Ein „sehr aufwendiges und teures Verfahren“, sagt Schulzki.

Selber könne er noch nicht auf die Delta-Variante testen, sagt Schulzki, aber man arbeite daran: „Wir prüfen gerade die Möglichkeit, eine VOC-PCR auf das Delta-Virus einzuführen und werden wahrscheinlich in einer Woche beginnen.“ Was erste Prüfungen ergaben: Auch Ansteckungen im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch im Internat Schloss Neubeuern (siehe Infobox) könnten auf die Delta-Variante zurückgehen. Die Ergebnisse der Sequenzierung stünden noch aus, sagt Schulzki.

Innerhalb der vergangenen sieben Tage (Stand 2. Juni) wurden 47 Ansteckungen im Landkreis und zwei in der Stadt verzeichnet. Sommer und Impfkampagne helfen, die Zahlen unten zu halten. Aber was, wenn die Ferien vorüber und die Urlauber zurückgekehrt sind? Steuert das Land dann, wie im vergangenen Jahr, geradewegs auf den nächsten Lockdown zu? „Meine Sorgen betreffen die Zeit nach den Ferien“, sagt Schulzki. „Allenthalben gibt es Lockerungen, und ich befürchte, dass da noch was kommt.“

Dr. Hanns Lohner, Chefarzt und Pandemie-Beauftragter des Romed-Klinikverbunds, stellt sich darauf ein, dass der Anteil der Delta-Variante steigt. „Wir rechnen jedoch nicht damit, dass es in den nächsten Wochen zu einer Zunahme von Corona-Patienten in unseren Kliniken kommen wird.“ Die spezielle Covid-19-Intensivstation von Romed sei derzeit nicht in Betrieb, werde „aber bis auf Weiteres betriebsbereit gehalten.“

Experte
macht Mut

Die Experten machen auch Mut. „Mit dem Impffortschritt dürfte die Belastung der Kliniken in einer vierten Welle geringer sein als bei den bisherigen Erkrankungswellen“, sagt Lohner.

Das Impfen sei entscheidend, findet auch Schulzki. Es könne eine vierte Welle geben, aber die dürfte „deutlich schwächer ausfallen.“

Weitere Fälle auf Schloss Neubeuern

Der Corona-Ausbruch im Internat Schloss Neubeuern (wir berichteten) zieht weitere Fälle nach sich: Am gestrigen Dienstag kamen drei weitere Neumeldungen hinzu, womit die Zahl der Positiv-Tests auf insgesamt 22 steigt. Das Gesundheitsamt hat Tests und weitere Auflagen angeordnet.rg

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