Ludwig Sagt:

Ein Signal mit Gegenstimmen

von Redaktion

Mit sechs Gegenstimmen hat der Kreistag eine Resolution mit Kernforderungen für den Fortgang der Planungen für den Brenner-Nordzulauf verabschiedet. Das Papier war von der Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig und Landrat Otto Lederer ausgearbeitet worden.

Rosenheim – „Wir wollen mit einer Stimme sprechen und unsere Forderungen ganz konzentriert in Richtung Bahn und Bund formulieren. Die Resolution erhöht die Chance, dass sie auch erfüllt werden.“ Dieser Appell des Landrats zu Beginn der Debatte überzeugte eine große Mehrheit im Kreistag, die seiner Linie folgte. Wie bereits berichtet, werden in dem Papier unter anderem eine Erhöhung des Tunnelanteils sowie die Verlegung von zwei Verknüpfungsstellen gefordert. Mit dem Neubau von zwei weiteren Gleisen dürfe nur dann begonnen werden, wenn deren Bedarf nachgewiesen sei, lautet eine weitere Kernforderung.

„Diplomatisches
Meisterstück“

Um eine möglichst große Geschlossenheit zu demonstrieren, sollen nach dem Willen von Landrat Otto Lederer auch alle Gemeinden diese Willensbekundung mittragen, die an der sogenannten „violetten Trasse“ liegen, die von den Planern der Bahn favorisiert wird (wir berichteten). Mehr noch: Auch jene Gemeinden, die von der Planung nicht mehr betroffen und deshalb aus dem laufenden Dialogverfahren ausgeschieden sind, sollen durch positive Voten ihrer Kommunalparlamente ein Zeichen setzen.

Sepp Lausch, Fraktionssprecher der Freien Wähler, sprach in der Debatte von einem „diplomatischen Meisterstück“, das dem Landrat gelungen sei. Mit einer Neubaustrecke wollte er sich allerdings dennoch nicht so recht anfreunden. Deshalb übte er auch offene Kritik an der Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig, die von einem guten Tag für die Region gesprochen hatte, als die Planer der Bahn vor ein paar Wochen die bevorzugte Trassenvariante vorstellten. „Ich weiß nicht, ob das ein guter Tag für die Region war. Vielleicht nimmt Frau Ludwig ihre Arbeit als Drogenbeauftragte der Bundesregierung ein bisschen zu persönlich?“, verpackte Lausch seine Verwunderung in eine kräftige Brise Ironie.

Dass die Grünen in ihrer Haltung zu dem Papier gespalten sind, das musste deren Fraktionssprecher Georg Reinthaler einräumen. Das solidarische Vorgehen sei zwar zu begrüßen, dennoch gebe es in seiner Fraktion Stimmen, die daran erinnerten, dass der Kreistag im Rahmen des Raumordnungsverfahrens vor gut einem Jahr alle in der Planung befindlichen Varianten als „nicht verträglich“ gewertet habe. „Deshalb wird diesem Papier heute nur ein Teil von uns zustimmen“, so Reinthaler.

Der Samerberger Bürgermeister Georg Huber (Parteifreie/ÜWG) bezeichnete das Papier als „Kompromiss mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner“. Dennoch sei die Resolution „folgerichtig“. Schließlich seien die Mängel der violetten Trasse noch da und müssten beseitigt werden. „Wenn der Nordzulauf kommt, müssen wir uns gemeinsam für die beste Lösung einsetzen“, steht für Huber außer Frage.

Als Andreas Winhart (AfD) noch redaktionelle Änderungen an dem Papier vornehmen wollte, warnte der Landrat eindringlich davor. Dann gingen die Diskussionen wieder von vorne los. Außerdem müsste die neue Form der Resolution auch in den Gemeinden, die sie schon behandelt haben, wieder zur Abstimmung gestellt werden.

Winharts Fraktionskollege Franz Bergmüller verwies darauf, dass die AfD von Anfang an die größtmögliche Untertunnelung einer Neubaustrecke gefordert habe, und begrüßte, dass die CSU-Fraktion ihren Antrag an den Kreistag zum Brenner-Nordzulauf zurückgezogen habe. Auch die CSU forderte Verbesserungen am bestehenden Streckenverlauf der violetten Trasse. Da die jetzt verabschiedete Resolution der weitergehende Antrag war, verzichtete Fraktionssprecher Felix Schwaller auf die Behandlung des Antrags im Kreistag.

Hofer meint:
„Fast spitzbübisch“

An Appellen zur Gemeinsamkeit mangelte es im Verlauf der Debatte nicht. „Nur gemeinsam können wir gegen Bahn und Bund etwas bewerkstelligen. Eine Gemeinde allein ist verloren“, meinte beispielsweise der Flintsbacher Bürgermeister Stefan Lederwascher (CSU). Sein Tuntenhausener Kollege Georg Weigl (CSU) ließ den Kreistag gar wissen, dass er Einstimmigkeit bei der Verabschiedung der Resolution erwarte. Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllte.

Sepp Hofer (Freie Wähler) unterstützte zwar die gemeinsame Linie, nannte das Papier aber „fast etwas spitzbübisch“, wenn jetzt von einem Bedarfsnachweis für die Neubaustrecke die Rede sei. So suche man kurz vor der Bundestagswahl den Schulterschluss mit den Bürgerinitiativen, die diese Forderung schon immer erhoben hätten. Er wies auch darauf hin, welch große Belastungen die Baustellen für den Nordzulauf mit sich bringen werden. Unter anderem drohe ein starkes zusätzliches Lkw-Aufkommen.

Einen Zusammenhang mit der Wahl wollte der Landrat nicht herstellen. „Der Zeitpunkt ergibt sich aus der Vorstellung der Planung und hat mit der Bundestagswahl nichts zu tun. Der Bedarfsnachweis war auch in der Resolution vom Vorjahr enthalten. Natürlich wird das eine schwierige Baustelle mit viel Lkw-Aufkommen. Aber noch viel schwieriger würde es, wenn wir die nächsten 200 Jahre mit einer Trasse leben müssten, die aus unserer Sicht nicht optimal ist.“

Schulterschluss „großes Anliegen“

Die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, die gestern nicht an der Kreistagssitzung teilnehmen konnte, nannte den Kreistagsbeschluss in einer Presseerklärung „ein wichtiges und starkes Signal“. Die Region setze sich hiermit für einen möglichst umweltverträglichen Trassenverlauf und den Schutz der Heimat ein. Dieser Schulterschluss sei ihr ein großes Anliegen. Zwar sei die Vorzugstrasse bereits zu 60 Prozent untertunnelt, dennoch gebe es noch viele Abschnitte, „die dringend überarbeitet und verbessert werden müssen“. Ludwig wörtlich: „Nur wenn unsere Forderungen erfüllt werden, können wir dieser Trasse auch zustimmen.“

Artikel 11 von 11