Je konkreter die Planungen für eine Neubaustrecke als Brenner-Nordzulauf werden, desto offensichtlicher wird die Zerreißprobe, die sie für die Grünen im Landkreis mit sich bringen. Trug die Ökopartei im Vorjahr eine gemeinsame Linie zu diesem Thema im Kreistag noch geschlossen mit, zerfällt ihre Fraktion mittlerweile in zwei Lager. Befürworter einer weiteren Trasse, die sich engagiert mit konkreten Forderungen im laufenden Planungsprozess einbringen, treffen auf einen starken Widerpart in den eigenen Reihen. Der will von neuen Gleisen nichts wissen.
Unterschiedliche Ansichten in Sachfragen gehören zu demokratischen Entscheidungsprozessen, für die Grünen vor Ort sind sie in diesem Fall dennoch ein Dilemma. Es sind gerade ihre Spitzenvertreter in Berlin, die besonders laut eine radikale Verkehrswende fordern. Als einen wesentlichen Baustein dabei betonen sie fast gebetsmühlenartig den Vorrang der Schiene vor der Straße, um Verkehrsströme zu entzerren.
Es erhöht nicht gerade die politische Glaubwürdigkeit, wenn sich Teile ihrer Vertreter in den kommunalen Gremien gerade bei der Umsetzung dieses verkehrspolitischen Jahrhundert-Projekts von europaweiter Bedeutung als Bremser erweisen. Ein von den politisch Verantwortlichen in der Region möglichst geschlossen mitgetragenes Forderungspaket und Pragmatismus bei den anstehenden Verhandlungen sind der beste Garant dafür, Ökologie und Ökonomie beim Brenner-Nordzulauf in Einklang zu bringen. Eines werden die Grünen lernen müssen: Durchlavieren trägt nicht zum Schutz der Heimat bei und funktioniert auf Dauer nicht.