3,5 Millionen Euro als Provision versprochen

von Redaktion

37-Jähriger steht wegen Betrugs vor dem Landgericht Traunstein – 56-jährige Landwirtin zahlt 268000 Euro

Traunstein/Lübeck – 50 Prozent von sieben Millionen Dollar – mit dieser Provision köderte eine Betrügerbande eine 56-jährige Landwirtin aus dem Landkreis Traunstein. Die Frau investierte fast 268000 Euro, um an die Millionen zu gelangen – vergeblich. Einer der mutmaßlichen Betrüger, ein 37-Jähriger aus Lübeck, schwieg bislang zu den Vorwürfen vor der Siebten Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Christina Braune. Der Prozess wird am 14. Juli um 9.15 Uhr fortgesetzt.

Kern der Betrugsgeschichte ist „eine Kiste mit sieben Millionen Dollar“, die ein „Arzt aus dem Jemen“ 2016 nach Deutschland bringen wollte. Die Landwirtin hatte eigentlich nur ein Güllefass im Internet offeriert, als sich der „Arzt“ bei ihr meldete. Sie sollte ihm helfen, gegen eine Provision diverse Hürden zu beseitigen. Geblendet von der Summe, schoss die Frau immer wieder Geld nach. Insgesamt „investierte“ sie weit über eine Viertel Million Euro.

Der 37-Jährige ist der einzige Tatverdächtige, der im Zusammenhang mit der bekannten Betrugsmasche festgenommen werden konnte. Laut Aussage der Zeugen waren jedoch mindestens fünf oder sechs weitere Mittäter beteiligt, die sich zum Beispiel als Diplomat, Steuerberater, Agent und Rechtsanwalt ausgaben. Diese brauchten aufgrund neuer Probleme immer mehr Geld, das die Bäuerin über Western Union transferierte oder an Banken im Ausland überwies.

Zweimal reiste sie zum Überbringen von Geld nach Amsterdam, fünfmal nach Hamburg. Bei vier Pkw-Fahrten nach Hamburg begleitete sie ihr 60-jähriger Ehemann. Als er beim fünften Mal keine Lust mehr hatte, nahm die 56-Jährige allein den Zug. Vor Gericht berichtete sie von zwei Treffen im Hotelzimmer des Angeklagten: „Er hat vor unseren Augen Dollarscheine gereinigt – mit einer speziellen Chemikalie. Auch die haben wir bezahlt.“ Die Frau erhielt 100 Dollar, „die anderen Scheine nicht, weil sie noch rote Flecken hatten“. Für das „besondere Mittel“ war wieder Geld fällig.

Zum letzten Treffen reiste sie mit einem Koffer an, in dem sie ihre 3,5 Millionen Dollar nach Südostbayern schaffen wollte. Doch die Scheine waren nach wie vor nicht gereinigt. Dafür war auch noch der Koffer weg.

Die abenteuerliche Story der „Kiste mit den sieben Millionen Dollar“ erstreckte sich auf Länder und Städte. Istanbul, London, Wien, Hamburg, Amsterdam, Zürich und Irland waren bis Herbst 2018 unter den Stationen. 2019 wurde die Frau ein letztes Mal per Handy aufgefordert, „noch mal zu bezahlen, wenn wir das Geld haben wollen“. Sie erinnerte sich: „Ich war total fertig. Wir haben das nicht mehr gemacht.“

Der Ehemann hatte lange keine Ahnung von dem Treiben der Betrüger. Er kam darauf, als ihm Unregelmäßigkeiten auf seinem Konto auffielen. Bei jeder Reise habe die 56-Jährige den Betrügern Geld gebracht. Der Zeuge dazu: „Wenn man gewisse Summen gezahlt hat, zahlt man weiter. Man denkt, es muss klappen.“ Der 60-Jährige informierte das Gericht über Anrufe von einem Mann mit stets der gleichen Stimme und über Textnachrichten. Manchmal sei er selbst am Telefon gewesen und habe „ein bisserl kontra gegeben“. Seine Frau hingegen sei „unter den Händen des Anrufers weggeschmolzen“. Von den Treffen in Hamburg hatte der 60-Jährige noch gut die „Geldwäsche“ durch den Angeklagten im Gedächtnis und bestätigte die Ausführungen seiner Frau, meinte aber, sie habe drei Hundert-Dollar-Scheine bekommen. Bei den anderen Treffen habe sich der Angeklagte jedes Mal an einem „Kindergarten Sonnenschein“ absetzen lassen, um zu Fuß zu einer „Firma“ zu gehen.

Das Ehepaar erkannte den mutmaßlichen Betrüger später auf Wahllichtbildvorlagen der Polizei wieder. Vor Gericht war sich die 56-Jährige immer noch sicher, ihr Mann nicht ganz. Die Schadenshöhe bestätigten beide.

Um das Geld aufzubringen, hatte die 56-Jährige nach Worten des Ehemanns eines ihrer Grundstücke verkauft. In ihrer Existenz seien sie nicht bedroht, auch wenn das Ganze „sehr schmerzhaft“ sei. kd

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