Rosenheim/Tuntenhausen – Zu einer Podiumsdiskussion mit Bundestagskandidaten aus der Region hatte am vergangenen Samstag die Unternehmerinitiative „Wir stehen zusammen“ zur Firma Eder nach Tuntenhausen eingeladen. Sie ist durch ihr kritisches, wenngleich umstrittenes Hinterfragen der Einschränkungen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben im Zuge der Corona-Pandemie bekanntgeworden.
Ziel der Initiative und des Abends sei es, Meinungen in ihrer Vielfalt transparent zu Gehör zu bringen, erklärte das Moderatorenteam Lara Bungardt (Firma Lieblingsstück) und Jan Czerny (Firma Dinzler) zu Beginn. Es sei deshalb zu bedauern, dass die SPD, die Grünen und die Linken die Einladung nicht angenommen hätten (siehe Infokasten).
In Bezug auf Fragen aus dem Publikum, die nach einer Vorstellungsrunde und der Antwort auf drei von den Moderatoren gestellten Fragen den Hauptteil der zweistündigen Veranstaltung einnahmen, baten die Moderatoren auch die gut 90 Gäste um Ausgewogenheit und Vielfalt.
Ludwig weist Vorwürfe zurück
Zunächst ging es um das Thema Wirtschaft, etwa um die Frage, wie die Interessen Deutschlands mit den europäischen Klimazielen in Einklang zu bringen seien. Doch schnell kristallisierte sich der Schwerpunkt der Veranstaltung heraus: die Corona-Krise. Die Moderatoren sagten, dass viele Menschen eine massive Meinungspolarisierung und -politisierung wahrnehmen würden und warfen Politikern wie Markus Söder oder Karl Lauterbach vor, Einfluss auf die Expertengremien zu nehmen. Expertenmeinungen, die nicht der politischen Leitlinie entsprächen, würden marginalisiert. „Finden Sie dieses Vorgehen notwendig und richtig?“, lautete eine der Fragen.
Auch die Fragen aus dem Publikum drehten sich direkt oder indirekt um Corona. Sie waren dabei meist an Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) gerichtet, da sie die Einzige aus der Politikerriege sei, die tatsächlich in der Regierungsverantwortung stünde. Sie wies die Unterstellung, die Politiker hätten die Corona-Krise für ihre eigenen Ziele instrumentalisiert, entschieden zurück.
Als sie von einem Fragesteller gebeten wurde, nicht nur als Politikerin, sondern auch als Mensch zu antworten, wurde sie durchaus persönlich: Solche Vorwürfe träfen sie schwer, denn sie habe hart mit jeder Entscheidung im Laufe der Krise gerungen und sich immer wieder gefragt: „Was ist, wenn wir falsch liegen?“ Schließlich stamme sie aus einer Handwerkerfamilie und wisse sehr wohl, wie hier gedacht und auch gehandelt werde.
Dass einzelne Fehlentscheidungen getroffen worden seien, sei sicher richtig. Sie akzeptiere auch, wenn sie dafür kritisiert werde – aber wenn von einem Vorsatz die Rede sei, werde das weder den handelnden Personen noch der schwierigen Entscheidungslage gerecht.
Andreas Kohlberger (AfD) war hingegen der Meinung, dass hier von der Politik mit Zahlen – den Inzidenzwerten – gearbeitet worden sei, die von vornherein eine Mogelpackung gewesen wären. Er forderte pauschal die Aufhebung aller Beschränkungen und Vorschriften. Die Menschen sollten Kohlbergers Ansicht nach über die Vorsichtsmaßnahmen, die sie treffen wollen, selbst und frei entscheiden können.
Nino Kornhass (Die Basis) äußerte sich ähnlich. Als während der Diskussion die Frage einer Corona-Impfpflicht aufgeworfen wurde und Daniela Ludwig sich hier für eine freie individuelle Entscheidung aussprach, wenn sie auch persönlich von der Impfung überzeugt sei und auch ihre Kinder gegen Masern wie alle anderen Kinderkrankheiten durchgeimpft seien, sprach er von „rhetorischen Tricks“. Man könne durchgetestete und erprobte Impfungen wie gegen Masern nicht mit den Corona-Impfstoffen vergleichen. Er kritisierte auch massiv, dass Einzelhandel, Gastronomie und Sportstudios geschlossen bleiben mussten, obwohl sie funktionierende Hygienekonzepte gehabt hätten.
Michael Linnerer (FDP) betonte mehrmals, dass seine Partei seit eineinhalb Jahren darauf dränge, für die Entscheidungen über die Corona-Maßnahmen mehrere Indikatoren heranzuziehen, nicht nur die Inzidenzwerte. Vor allem müsse endlich klar definiert werden, mit welchen Werten man die Rückkehr zu einem normalen Leben verknüpfen wolle.
Mehr Schaden
als Nutzen?
Ludwig Maier (ÖDP) sagte, es sei bezeichnend, dass Epidemien in der Menschheitsgeschichte immer dann aufgetreten seien, wenn in einem Lebensraum das ökologische Gleichgewicht in Schieflage geraten sei. Was die derzeitige Situation anbelange, so müssten, da erkenntlich sei, dass Lockdown-Maßnahmen mittlerweile mehr Schaden als Nutzen brächten, Anpassungen durchgeführt werden.
Gerhard Schloots (Freie Wähler) sagte schließlich, das Virus sei nicht wegzudiskutieren. Er plädierte aber für Vorsichtsmaßnahmen mit Augenmaß und für die Möglichkeit zur Eigenverantwortung. Der Mittelstand ersticke auch ohne Corona schon an einer Vorschriftenflut.