Götting trifft es am härtesten

von Redaktion

Sturm und Starkregen wüten im Mangfalltal – Keller vollgelaufen, Traktor mitgerissen, Klinik evakuiert

Bruckmühl/Bad Aibling – Die schweren Unwetter, die am Montagabend über die Region zogen, sorgten vor allem im Mangfalltal für Verwüstungen, überschwemmte Wiesen und vollgelaufene Keller. Ein Landwirt verletzte sich in Götting am Kopf, als sein Traktor vom Wasser fortgerissen wurde. Immerhin: Es wurden offenbar keine Menschen schwer verletzt. Das berichteten gestern Feuerwehr und Polizei.

Dramatische
Szenen

Die dramatischsten Szenen spielten sich in Götting (Marktgemeinde Bruckmühl) ab, als vom Irschenberg eine Flutwelle in den Ort stürzte. Glück im Unglück hatte dabei noch der Landwirt Hans Görgmayer. Sein 15 Tonnen schweres Gefährt wurde von den Wassermassen mitgerissen, Görgmayer verletzte sich leicht am Kopf, konnte sich aber in Sicherheit bringen. Sein wirtschaftlicher Schaden aber ist immens. An seiner Biogasanlage konnten die Einsatzkräfte zwar verhindern, dass Gülle, Diesel oder Heizöl austraten. An der Anlage aber entstand Totalschaden. So wie er, fürchten weitere Bauern um ihre Existenz.

Gegen die
Flut gestemmt

Die Retter stemmten sich in Götting nach Kräften gegen die Flut. Gegen 20 Uhr – unmittelbar nach dem schweren Hagel – rückten die Göttinger Feuerwehrleute an die Kreuzung Irschenberger und Waither Straße aus. „Wir haben versucht, mit Sandsäcken und Hochleistungspumpen die Wassermassen aus dem Gefahrenbereich Götting in die Mangfall zu leiten“, sagt Anatol Guldner von der Feuerwehr Götting.

Das Technische Hilfswerk (THW) half ebenfalls, es setzte eine DIA-Großpumpe mit einer Förderleistung von 15000 Litern pro Minute ein. Doch die Fluten waren nicht aufzuhalten. Allein die Göttinger Feuerwehrleute pumpten 50 Keller und Tiefgaragen aus. „Teilweise standen Keller bis zu zwei Meter unter Wasser“, sagt Guldner.

Er berichtet von für ihn und seine Kameraden beispiellosen Erfahrungen. „2001 der Orkan, 2003 der schwere Hagel, 2013 das Hochwasser – aber so ein Ausmaß an Überschwemmungen hatten wir hier noch nie.“

Am Tag danach gab es noch keinen Überblick, wie viele Häuser, Höfe und Existenzen von der Katastrophe betroffen sind. Die Feuerwehren der Gemeinde Bruckmühl waren noch am gestrigen Dienstag im Einsatz, um den Menschen beim Aufräumen zu helfen. Nicht nur in Götting, sondern auch in Ried, Oberstaudhausen, Teilen der Vagener Au und in Mittenkirchen. Dort sei eine „besonders gefährliche Situation“ entstanden, sagte Straßenmeister Martin Göhly. Durch „Verklausungen“ – also Verstopfungen – an den Durchlässen des Hainerbachs sei das Wasser rückgestaut worden. „Der Forellenweg wurde unterspült, ist teilweise abgerutscht.“

Reparaturarbeiten
haben begonnen

Gestern begannen Reparaturarbeiten, da in der Straße Versorgungsleitungen liegen – unter anderem eine Hauptwasserleitung, die Bruckmühl mit Trinkwasser versorgt. „Wäre die gebrochen, wäre hier alles geflutet worden“, sagt Göhly.

Vigil Neureither rückte gestern in Götting mit seinem Bagger an, befreite den Kropfbach vom angeschwemmten Geröll und Geäst, stabilisierte die Uferböschungen.

Auch am Tiergnadenhof „Katzentraum“ stehen umfangreiche Aufräumarbeiten ins Haus. Die Flut hat den Neubau unter Wasser gesetzt. Die Mauern des Gnadenhofs müssen voraussichtlich drei Monate trocknen, der Umzug verschiebt sich.

Kreisbrandrat Richard Schrank war am Montagvormittag zu den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz abgerückt (wir berichteten). An seiner Stelle koordinierte Kreisbrandinspektor Franz Hochhäuser die Einsätze. Dass keine Menschen in den Unwettern zu Schaden kamen, erleichtert ihn. Einerseits habe sich die Wetterlage nicht so extrem entwickelt wie in Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen. „Außerdem sind die Menschen mittlerweile einfach sensibilisiert.“

Neben Götting waren auch Bad Aibling und Kolbermoor Schwerpunkte im Mangfalltal. In Bad Aibling stand das Wasser an einigen Straßen nach Angaben von Kreisbrandinspektor Max Goldbrunner bis zu 1,50 Meter hoch in den Kellern. Rund 50 Einsätze allein in der Nacht zählte die Feuerwehr.

Das örtliche Reha-Zentrum der BfA-Klinik wurde daher von den Mitarbeitern evakuiert, nachdem die Stromversorgung ausgeschaltet worden war. Wie viele Patienten von der Evakuierung betroffen waren, konnte die BfA gestern nicht beantworten.

Besonders betroffen: die Ghersburgstraße. Mit Schlamm überschwemmt wurde außerdem das Freibad Harthausen. Die Feuerwehr reinige die Einrichtung mit großem Aufwand, sagte Bürgermeister Stefan Schlier, „aber diese Woche werden wir das Bad womöglich nicht mehr öffnen können“. Ein Überblick über Schäden sei noch nicht zu gewinnen, sagte Schlier, „aber wir sind wohl mit einem blauen Auge davongekommen.“

„So etwas habe ich
noch nicht erlebt“

Das sagte auch sein Amtskollege Peter Kloo in Kolbermoor. Dennoch hielt das Unwetter die Helfer auch dort auf Trab. Zu knapp 70 Einsätzen wurde die Kolbermoorer Feuerwehr gerufen. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Kommandant Franz Wudy.

Neue Unterführung
unter Wasser

Überflutet war die Tonwerkunterführung, die erst vor Kurzem in 13-monatiger Bauzeit verbreitert worden war. Bis zu 1,20 Meter stand das Wasser zudem in der Garage der Mangfallschule. Hausmeister Alfred Lax machte gestern Morgen Ordnung. Und die Schüler bekamen von alledem nichts mit.

Auffällig: Es waren kleine Bäche, die für großen Ärger sorgten – so wie der Goldbach. Tobias Hafner, Leiter des Wasserwirtschaftsamts, bestätigt: „Je kleiner die Bäche sind, desto giftiger reagieren sie auf kurze, schlagartige Duscherer.“

Artikel 10 von 11