„Brauchen mehr Tempo“

von Redaktion

Bund Naturschutz beklagt schleppenden Artenschutz

Rosenheim – Unberührte Wiesen, ökologische Landwirtschaft, Biotopvernetzung und Gewässerlandstreifen. All das forderte der Bund Naturschutz (BN) beim Volksbegehren Artenvielfalt im Jahr 2019. Nachdem die Aktion bayernweit rund 1,7 Millionen Unterstützer fand, nahm die Staatsregierung am 1. August 2019 die geforderten Ergänzungen zum Erhalt von Tier- und Pflanzenarten in das Naturschutzgesetz auf. Rund zwei Jahre später zeigt eine Bilanz der regionalen BN-Kreisgruppen: Die Region ist auf dem richtigen Weg, hat aber immer noch viel zu tun.

Zu wenig Platz
für die Bienen

„Wir brauchen mehr Tempo“, fordert Peter Kasperczyk, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Rosenheim und weist darauf hin, dass gerade die Insektenvielfalt in Bayern noch längst nicht gesichert ist. Rund 55 Prozent aller Bienen seien bedroht oder bereits ausgestorben, ebenso 75 Prozent aller Insektenarten. Und das, obwohl im Landkreis bereits einiges getan wurde.

So verzichtet beispielsweise die Gemeinde Rimsting nachts auf die Beleuchtung der Kirche. Und in Rott ist erst vor Kurzem eine neue Streuobstwiese entstanden. Christine Scheidegger hat dafür ihren Grund nahe der Rotter Turnhalle zur Verfügung gestellt. Mithilfe der alten Obstbäume können nun bis zu 1000 verschiedene Arten wirbelloser Tiere einen neuen Lebensraum finden.

„Diese Blühstreifen an Ackerrändern sind nicht schwer zu pflanzen und können in der Region bei der Erhaltung der Artenvielfalt von Insekten sehr helfen“, lobt Dr. Gertrud Knopp, die stellvertretende Vorsitzende der Rosenheimer BN-Kreisgruppe. Als kleine Schritte zum Erfolg nennt sie Kommunen, die mit Straßenbegleitgrün oder bepflanzten Verkehrsinseln ihren Beitrag leisten.

Dennoch gibt es laut Naturschutzbund auch im Landkreis Rosenheim Nachholbedarf. „Man muss gerade bei den Gewässerrandstreifen im Landkreis flächig vorankommen“, betont Peter Kasperczyk.

Dafür seien an allen Flüssen und Bächen unberührte Wiesenflächen von mindestens fünf, besser sogar zehn Metern Breite erforderlich. Jene Neuerungen, die in das bayerische Naturschutzgesetz vor zwei Jahren aufgenommen wurden, fordern außerdem ein Biotop-Netz von mindestens zehn Prozent der Bundeslandfläche. Das bedeutet, dass in Bayern 7000 Quadratkilometer unberührter Freiraum für Tiere und Pflanzen entstehen müsste. Aktuell sind es in etwa rund 6000 Quadratkilometer.

Politik und Wirtschaft
sind gefordert

„Es fehlen häufig noch die nötigen Konzepte im Landkreis und auch in den Gemeinden“, bilanziert Kas-perczyk.

Die Grundlagen für flächendeckende Gewässerrandstreifen, gerade an kleineren Bächen, seien auch nach zwei Jahren noch nicht gelegt. Um das zu ändern, müsse man gerade die landwirtschaftlichen Flächen neu konzipieren und ökologisch aufwerten. Nur so könne man auch die Biotopvernetzung landkreisweit vorantreiben.

Auch die Nachfrage nach Ökoprodukten muss man laut Ursula Fees, Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe Rosenheim, steigern. „Wenn in den Kantinen von Kindertagesstätten und Krankenhäusern Produkte aus nachhaltigem Anbau angeboten werden, trägt auch das zur Artenvielfalt bei“, ist sie sich sicher.

Zudem fordern die BN-Kreisgruppen mehr politisches Engagement, um die Insekten dauerhaft zu schützen. Gepaart mit dem Einsatz von Kommunen, Landwirten und Verbrauchern könne man, so der Wunsch des Bund Naturschutz, die für den Menschen so wichtige Artenvielfalt in der Region erhalten.

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