Traunstein/Rosenheim – Ein 30-jähriger Flüchtling soll eine 43 Jahre alte Frau, die ihm für eine bessere Bleibeperspektive in Deutschland beigestanden hatte, brutal in deren Wohnung in Rosenheim misshandelt und sie vergewaltigt haben. Vor der Sechsten Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Jacqueline Aßbichler wies der Angeklagte gestern über seinen Verteidiger alle Vorwürfe zurück.
Mutmaßlicher Täter
filmt das Geschehen
Staatsanwalt Moritz Weinhart legt dem Mann besonders schwere Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, vorsätzliche Körperverletzung und einen Handyraub zur Last. Der 30-Jährige und die Frau kannten sich seit 2017. Im Gegensatz zu dem Mann verneinte das mutmaßliche Opfer eine private Beziehung. Folgt man den Vorwürfen des Anklägers, forderte der 30-Jährige am 7. Februar 2021 Einlass in die Wohnung der Frau. Die Frau ließ ihn herein. Kurze Zeit später soll ihr der 30-Jährige Vorhalte wegen anderer Männer gemacht haben. Die Frau drohte, die Polizei zu rufen, woraufhin er sie mit Fäusten ins Gesicht geschlagen haben und sie an den Haaren in die Küche geschleift haben soll. Dort habe er sie mit Schlägen gezwungen, eine größere Menge Gin zu trinken. Der 30-Jährige zerrte sie ins Schlafzimmer, wo sie irgendwann vor Erschöpfung oder Bewusstlosigkeit einschlief. Als sie wieder erwachte, musste sie sich übergeben. Sie befürchtete eine Gehirnerschütterung und bat darum, einen Krankenwagen rufen zu dürfen. Das verweigerte ihr der Mann.
Die Frau schlief erneut ein. Der Angeklagte soll sie gegen 8.15 Uhr geweckt haben. Gemäß Anklage konnte sie ob der Schwellungen im Augenbereich fast nichts sehen. Der 30-Jährige forderte mehrmals Sex. Die Frau biss ihn, als er sich über sie beugte, wurde erneut geschlagen und konnte sich gegen die Vergewaltigung nicht mehr wehren. Einen Teil des Geschehens filmte der mutmaßliche Täter mit seinem Handy. Dann verließ er zwischen 9 und 10 Uhr die Wohnung.
Aus Scham sei die Geschädigte den Rest des Tages zu Hause geblieben. Als sie die Wohnung am nächsten Morgen verließ, habe ihr der 30-Jährige aufgelauert. Eine Nachbarin habe die folgende körperliche Auseinandersetzung beobachtet und die Polizei gerufen. Eine Streife nahm den Mann kurze Zeit später fest.
Verteidiger Ralph Botor aus Rosenheim stellte die Situation anders dar. Sein Mandat sei stark alkoholisiert gewesen, die Frau habe mehrmals Sex gefordert, was dieser abgelehnt habe. Der Angeklagte sei von der Frau attackiert worden. Nach dem Biss habe er wahllos um sich geschlagen. Die 43-Jährige soll mit der Polizei gedroht haben, wenn er sie verlasse. Er sei in die Wohnung gekommen, um sein Handy zu holen. Der 30-Jährige sagte: „Das ist alles, woran ich mich erinnern kann. Ich war so betrunken.“ Fragen der Prozessbeteiligten wollte er nicht beantworten.
Frau muss die
Wohnung wechseln
Die 43-Jährige mit Opferanwalt Dr. Markus Frank aus Rosenheim belastete den 30-Jährigen schwer. Auf die Frage, wie es ihr inzwischen gehe, erwiderte sie: „Ich musste die Wohnung wechseln. Dort konnte ich nicht mehr leben.“ Nachts gehe sie nicht mehr raus. Eine Therapie habe sie nicht in Anspruch genommen. Ihre Familie habe sie aufgefangen. In ihre Wohnung lasse sie niemand mehr.
Der Prozess wird am Dienstag und Mittwoch, 21. und 22. September, jeweils um 9 Uhr fortgesetzt.