Meeressaurier

Rosenheims Supersaurier

von Redaktion

Warum im Lokschuppen eine legendäre Riesenechse umgebaut wird

Rosenheim – Die Menschen liebten den Großen schon zuvor. Vielen Besuchern der Saurier-Ausstellung im Lokschuppen diente er mit seinem weit aufgerissenem Maul, den spitzen Zähnen und tannenzapfengroßen Klauen als Fotomotiv. Am liebsten, so hört man, stellen sich die Menschen fürs Foto zwischen die Pranken des Riesenraubtiers, als seien sie des Drachens Beute.

Dabei kommt es doch auf dessen Schwanz an. Auf ihn werden die Fachleute unter den Lokschuppen-Gästen künftig blicken. Weil er der Beweis für die Einzigartigkeit des Spinosauriers ist. Der Beweis dafür, dass der Paläontologe Dr. Nizar Ibrahim Recht hat, wenn er sagt: „Der Spinosaurier ist unser Superstar.“

Auf der Spur
eines Mythos

Der Schwanz des Spinosaurus in Rosenheim ist eben kein Dinoschweif wie jeder andere. Er sieht aus wie der Schwanz eines Krokodils, wirkt fast wie ein hochgestelltes Paddel. Und so belegt er, dass der Spinosaurier der einzige Dinosaurier war, der „im Wasser glücklicher war als auf Land“, wie Nizar Ibrahim am Donnerstagvormittag im Lokschuppen erklärte.

Aus diesem Grund, wegen des Schwanzes, waren Ibrahim und sein italienisches Team aus Künstlern und Handwerkern nach Rosenheim gereist. In der Nacht auf Donnerstag bauten sie den Dino um und setzten ihm statt des ursrpünglichen konventionellen Schweifs das Riesenpaddel an. Um den Besuchern der „Giganten der Meere“-Ausstellung im Lokschuppen noch bis zum Ende der Schau im Dezember etwas Besonderes zu bieten: die einzige Figur eines Spinosauriers weltweit, die akkurat nach dem Stand der Wissenschaft gefertigt ist.

Man habe die Sauriergeschichte umgeschrieben, hatte es schon vor der Präsentation seitens des Lokschuppens geheißen. Der Autor dieser Neudeutung ist der Paläontologe Nizar Ibrahim. Er war auf 2014 auf die Spur des Spinosaurus gelangt. Und damit belebte er einen Mythos neu. Das erste Spino-Exemplar hatte der Nürnberger Paläontologe Ernst Freiherr Stromer von Reichenbach in Ägypten entdeckt. Anhand der Skelettteile, die er gefunden hatte, stellte er sich einen Raubsaurier vor, der ähnlich wie der Tyrannosaurus Rex auf den Hinterbeinen stand. Die Fragmente gingen 30 Jahre nach ihrer Entdeckung unter: Ein Luftangriff auf München zerstörte 1944 das einzigartige Fossil. Die Forschung machte eine lange Pause. Bis Ibrahim in Marokko neue Fossilien der schwimmenden Riesenechse entdeckte und bei der Analyse der 100 Millionen Jahre alten Knochen herausfand, dass der Spino-Dino mit 15 Metern Länge größer als der Tyrannosaurus Rex war.

Der nächste Schritt folgte 2020, als Ibrahim und sein Team am Fundort in der Sahara in Schwerstarbeit 30 Schwanzwirbel zu Tage förderten. Ihre Form bewies, dass der Spinosaurus mit dem Schwanz gepaddelt hat. Bei der Jagd nach Fischen und Krokodilen muss er sich so munter wie ein Fischsaurier im Wasser gefühlt haben. Es war eine der Entdeckungen, die über die Gemeinschaft der Paläontologen hinaus Wellen schlug. National Geographic zum Beispiel zählte Ibrahims Funde zu den zehn wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des Jahrzehnts.

Die Ausgräber setzten auch anderweitig Maßstäbe: Die Originalknochen ließen sie, eingedenk der Diskussionen um Herkunft und Rückgabe von Museumsstücken, in Marokko. In Rosenheim sieht man in den Vitrinen Duplikate aus dem 3D-Drucker. Zudem wurde eine digitale Kopie der Fossilien erstellt. Der Lokschuppen wiederum unterstützte das Projekt: Es war ein Fotograf des Ausstellungszentrums, der die Grabungen in Marokko dokumentierte.

Zuschauerziel
in weiter Ferne

Mit zehn Metern Länge sei das Modell das eines Teenagers, sagte Ibrahim. Bis zum 12. Dezember soll Spinosaurus dennoch viel Zugkraft entwickeln – zur Pandemie-Schadensbegrenzung. Mit 290000 Besuchern hatte Peter Lutz, Geschäftsführer der Veranstaltungs- und Kongress-Gesellschaft (VKR) gerechnet. Damit wären 85 Prozent der 3,1 Millionen Euro Kosten für die VKR gedeckt gewesen. Die Pandemie verzögerte aber nicht nur den Umbau des Sauriers, sondern verhagelte den Ausstellungsmachern auch die Rechnung mit den Gästen. Bei 186000 steht die Marke aktuell, bis zum Ende der Schau am 12. Dezember wird womöglich auch der Superstar den Rückstand nicht mehr wettmachen können.

Lockerer Zugang im Lokschuppen

Tickets müssen nicht mehr online bestellt werden, sie gibt’s auch an der Kasse im Lokschuppen. Es gelten für erwachsene Besucher die 3G-Regeln. Entspannt ist der Besuch für Schüler: Sie gelten dank der regelmäßigen Reihentests an den Schulen bereits als hinreichend getestet. Es gilt Maskenpflicht. Die Ausstellung ist täglich geöffnet.

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