Viele Ungeimpfte auf Intensiv

von Redaktion

Erschöpftes Klinik-Personal und hohe Kosten – Verweigerer in der Kritik

Rosenheim – Am Romed-Klinikum in Rosenheim wächst der Ärger. Angesichts der Dauerbelastung durch überwiegend ungeimpfte Covid-19-Patienten äußerten Mitarbeiter Zweifel, berichtet Romed-Geschäftsführer Dr. Jens Deerberg-Wittram. Sie seien sauer angesichts der stockenden Impfkampagne.

„Wenn Sie heute eine Station besuchen, auf der alle Patienten nicht geimpft sind, dann werden Sie dort sicherlich auch Mitarbeiter treffen, die das als leichtfertig oder verantwortungslos einschätzen.“ Von 41 Intensivfällen der vergangenen Wochen seien 39 ungeimpft gewesen. Für manche Mitarbeiter sei das „unerträglich“.

Auf den Stationen
hohe Krankenstände

Angesichts einer Reihe von Corona-Ausbrüchen in Senioren- und Pflegeheimen, bei steigenden Ansteckungszahlen an Schulen, mehren sich in der Region Rosenheim überhaupt die Stimmen für eine Impfpflicht – zumindest was Mitarbeiter in sensiblen Bereichen betrifft.

„Man muss darüber nachdenken, ob man nicht wie in Frankreich eine Impfpflicht einführt für alle, die in Heimen oder Kitas arbeiten“, sagt etwa Dr. Nikolaus Klecker, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Sein Kollege Dr. Fritz Ihler stimmt zu. „Wir brauchen eine Impfpflicht in sensiblen Bereichen. Sonst kommen wir nicht weiter“, sagt der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes Rosenheim.

Es fließt viel Geld in die Bekämpfung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen. Nach Angaben der AOK schlägt ein beatmeter Patient im Schnitt mit Behandlungskosten von 34000 Euro zu Buche. Diese Schätzung könne er in etwa bestätigen, sagt Deerberg-Wittram, „pro Tag fallen für einen beatmeten Patienten Kosten von 1000 Euro an“.

Für die Behandlung ebenso wie als Ausgleich für das Vorhalten von Betten für Intensiv-Fälle haben die Krankenkassen bereits Milliarden von Euro überwiesen. Deerberg-Wittram befürchtet für sein Haus dennoch hohe Folgekosten. Für 2021 rechne er damit, dass der Romed-Klinikverbund aufgrund der Ausgleichszahlungen nur „ein leichtes Defizit“ einfährt. Was bedeutet: einige Millionen Euro schlechter als in einem Normaljahr, aber „kein wirtschaftlicher Totalschaden“. Die große Herausforderung bedeute das kommende Jahr, sagt der Geschäftsführer des Klinikverbunds: „Für 2022 gibt es keinerlei Versprechungen für Ausgleichszahlungen.“

Andere Kosten fallen weniger ins Auge. Deerberg-Wittram berichtet von einem hohen Krankenstand im Klinikum. Natürlich wisse man grundsätzlich als Arbeitgeber nie, wofür ein Arbeitnehmer krankgeschrieben werde. Aber: Die Ausfälle an manchen Stationen fielen eben auf.

Gerade dort, wo Covid-19-Patienten behandelt werden, würden Mitarbeiter aus Erschöpfung erkranken. „Meistens löst das eine Spirale aus“, sagt Deerberg- Wittram. Ein, zwei Ausfälle in einer Schicht reißen bereits empfindliche Lücken. Die verbleibenden Mitarbeiter klotzen noch stärker ran, schließlich versucht die Klinik, dass Mitarbeiter aus anderen Bereichen in die Bresche springen – „mitunter gegen ihren Willen“, gibt der Romed-Geschäftsführer zu.

Viele Experten begrüßen, dass kostenlose Tests bald der Vergangenheit angehören. Und manche würden den Wegfall der Lohnfortzahlung im Corona-Fall begrüßen. „Jeder hatte die Chance, sich impfen zu lassen“, sagt der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, Andreas Bensegger. Wer sich nicht impfen lasse, müsse gegebenenfalls Konsequenzen tragen. Auch unter den Kollegen sei das die vorherrschende Meinung. Noch weiter geht die Diskussion, wenn es um Beschäftigte im Gesundheitsbereich geht. Klecker redet von einer „absurden Debatte“. Bei Masern gebe es eine Impfpflicht, bei Corona gebe es sie nicht.

Eine besonders
schlechte Quote

Es bleibt das Unverständnis, warum Rosenheim und Umgebung zu den Regionen mit der schlechtesten Impfquote in Westdeutschland zählt. „Wenn Leute ins Ausland reisen, lassen sie sich gegen drei, vier Krankheiten impfen“, sagt Fitz Ihler. „Und bei Corona haben dann offenbar einige auf einmal das Gefühl, dass Bill Gates höchstpersönlich einen Chip einpflanzen will.“

Jens Deerberg-Wittram ist für die 2G-Regel und würde die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am liebsten „verpflichtend“ sehen: „Dann sind eben diejenigen von einer Impfpflicht befreit, bei denen medizinische oder andere Aspekte dagegen sprechen. Die anderen müssen.“

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