Von den leisen Spuren des Engels

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Seit ein paar Tagen habe ich einen Ohrwurm. Ob im Büro oder auf dem Fahrrad, immer wieder summe ich oft unbewusst die gleichen Töne. Es ist die bekannte Melodie aus der Suite „Der Schwan“ von Camille Saint-Saëns, mit der ich ein Erlebnis verbinde, das mich noch beschäftigt: Bei der Beerdigung eines Mannes, der im hohen Alter verstorben war, trat am Grab ein ebenso hochbetagter Freund des Verstorbenen plötzlich aus der Reihe der Trauernden hervor und fing an, diese Melodie auf seiner Mundharmonika zu spielen, ziemlich gebrechlich und unsicher auf den Beinen, aber nicht auf seinem Instrument.

Berührt hat mich aber nicht die hohe Qualität seiner Darbietung, sondern die innige Liebe, mit der er dieses Stück zum Abschied für seinen besten Freund gespielt hat. Ebenso leise war der alte Mann danach wieder verschwunden.

Es gibt „Gänsehautmomente“, in denen man spürt, was lebenslange Freundschaft zwischen zwei Menschen vermag, die in diesem Lied am Grab einen Ausdruck gefunden hat. Heute, am 29. September, ist der Gedenktag der Erzengel Gabriel, Michael und Rafael. Sie erinnern mich daran, dass auch Gott mir manchmal solche leisen Boten schickt.

Stille Freunde, die uns unvermittelt tief im Inneren berühren, Kraft schenken, einen neuen Weg aufzeigen und die Botschaft mitgeben, dass das Leben so reich und so viel mehr ist, als nur das Funktionieren in der alltäglichen Spur. Damit ist die leise Melodie der Engel in unserem Leben mehr als nur ein momentaner Ohrwurm im Kopf, sondern ein bleibender Schatz in unserem Herz.

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