„Eine bedrohliche Situation“

von Redaktion

Klinik-Lage spitzt sich zu – Intensivkapazitäten werden erweitert – Erste Regel-OPs abgesagt

Rosenheim – Die Lage an den Romed-Kliniken spitzt sich zu. Die Intensivstationen sind bis auf das letzte Bett belegt – und die Zahl der Covid-Patienten steigt weiter. Jetzt müssen die Romed-Häuser die Reißleine ziehen und planbare Eingriffe verschieben – um so Kapazität für Corona-Notfälle zu schaffen. Gleichzeitig laufen die Bemühungen, weitere Intensivbetten zu schaffen und die Kliniken entsprechend umzustrukturieren.

„Die Lage ist höchst besorgniserregend“, gibt der Ärztliche Direktor des Romed-Klinikums, Dr. Hanns Lohner, Einblick. Und das nicht nur in der Region Rosenheim. „Die Situation ist im gesamten Oberbayern extrem eng. Es ist so gut wie kein Intensivbett mehr frei.“ Allenfalls in Franken gebe es noch Restkapazitäten.

„Die Situation hat sich erstaunlich schnell zugespitzt und das zu einem sehr frühen Zeitpunkt“, führt Lohner aus. Denn: Mit einem weiteren Anstieg und Aufbäumen der Welle sei zu rechnen – zumal von einem Lockdown, wie zur selben Zeit im vergangenen Jahr, keine Rede sei. Zum Vergleich: Vergangenen Herbst waren die Romed-Häuser zum Stand 2. November mit drei Covid-Intensivpatienten belegt. Stand 2. November 2021: 15 Intensivfälle (gesamt 76 stationär plus 13 Verdachtsfälle).

Belegung auf
Rekordniveau

„Wir haben ein Jahr später viel höhere Zahlen und es ist kein Lockdown absehbar“, bemerkt Lohner. „Eine außerordentlich bedrohliche Situation.“ Von der Politik erwartet er sich, dass Maßnahmen ergriffen werden – „und zwar nicht nur kosmetische, sondern Kontaktbeschränkungen, die zumindest große Feste unterbinden.“ Gleichzeitig haben Lohner und sein Umfeld zu tun, die aktuell prekäre Lage zu stemmen. „Wir denken zum einen in 24 Stunden, zum anderen müssen wir jetzt mittelfristig für mehr Kapazitäten sorgen.“ Das bedeutet: Am Standort Rosenheim wird die Zahl der Covid-Intensivbetten verdoppelt – von acht auf 16. Dazu werden abgetrennte Bereiche der Normal-Intensiv mit beansprucht. Und: Es wird Personal aus den umliegenden Häusern nach Rosenheim abgezogen. Was dort, wie auch am Hauptstandort, zur Folge hat, dass planbare Eingriffe bis auf Weiteres verschoben werden müssen.

Covid-Station
in Bad Aibling

Hinzu kommen weitere Covid-Intensivbetten im Romed-Krankenhaus Wasserburg – es wird von zwei auf fünf Plätze aufgestockt – sowie eine Covid-Normalstation am Standort Bad Aibling plus zwei Intensivbetten (bislang eins). „Der ganze Klinikverbund bringt sich ein“, sagt Lohner.

Der Knackpunkt in der Intensivversorgung ist auch in dieser vierten Welle derselbe geblieben: das Personal. Lohner: „Uns fehlt es nicht an Betten oder Beatmungsgeräten. Vielmehr sei die Personalressource der ,„Flaschenhals‘. Nicht nur hier in Rosenheim, in ganz Deutschland. Deshalb gelte es nun einmal mehr, sehr behutsam mit unserer wichtigsten Ressource, dem Personal, umzugehen.“

In der Regelversorgung kommt es damit zur Gratwanderung: Planbare Operationen wie Knie oder Wirbelsäule würden nun verlegt, Notfallbehandlungen oder Tumor-OPs ausgenommen. „Alles, was nicht zeitkritisch ist, muss aufgeschoben werden“, erklärt Lohner.

Hinzu kommt, dass unverändert die Ungeimpften die Lage auf den Intensivstationen beherrschen: Seit Beginn der vierten Welle waren 75 der gesamt 80 Covid-Patienten auf Intensiv ungeimpft (Stand 29. Oktober). Für Lohner ein Grund mehr, auf die Bedeutung der Corona-Impfung hinzuweisen, ebenso wie auf die Auffrischungsimpfung. Denn: „Hätten wir eine deutlich höhere Impfquote, wäre uns einiges erspart geblieben.“

Weitere Verschärfung in Hotspot-Region

Die Corona-Fallzahlen schwellen weiter an. Der Landkreis hat mit 191 Neumeldungen binnen eines Tages und einer 7-Tage-Inzidenz von 504 die Marke 500 gerissen (bundesweit Platz fünf). Die Stadt Rosenheim bewegt sich mit 44 Neumeldungen und einer Inzidenz von 390 auf die Schallmauer 400 zu (bundesweit Rang 18). Spitzenreiter ist der Landkreis Miesbach mit einer Inzidenz von 683, gefolgt von Mühldorf mit 618. Für die Hotspot-Regionen im Südosten, darunter Stadt und Landkreis Rosenheim, gibt es nun weitere Beschränkungen: Es soll künftig die Möglichkeit der Freitestung für enge Kontaktpersonen – Geimpfte und Genesene ausgenommen – entfallen und die Quarantänedauer zehn Tage betragen (bislang sieben Tage).

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