Fälschen auf Teufel komm rein

von Redaktion

Nachgemachte Impf-Zertifikate erleben in der Region Konjunktur

Rosenheim – Elke Wanie machte kurzen Prozess. Sie packte die Machwerke und steckte sie, den Protesten der Besitzer zum Trotz, in den Schredder. Zwei gefälschte Impfausweise weniger, ein kleiner Erfolg im Wettrennen mit den Impffälschern. „Wir haben schon ganz schön zu kämpfen mit dem Problem“, sagt Wanie, die in der Frühlingsapotheke in Bad Aibling arbeitet.

Logo entlarvt
den Betrug

Die Fälle haben sich gehäuft in den vergangenen Wochen, und nicht immer machen es die Fälscher den Apothekern so einfach wie das eingangs erwähnte Pärchen. Es hatte ein Berliner Impfzentrum in seinem Impfausweis stehen, allerdings mit falschem Logo.

Auch die Polizei hat das Problem auf dem Schirm. Über 60 gefälschte Impfnachweise hat die Polizei in den vergangenen Wochen entdeckt. Tendenz steigend, so berichtet Stefan Sonntag vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd.

Gastronomen machen ebenfalls verstärkt mit dem Phänomen Bekanntschaft. Manfred Kirner vom Stockhammer in Rosenheim ertappte unter anderem einen Gast, der sich den Cov-Pass-Screenshot eines Bekannten auf sein Smartphone geholt hatte, um dem Wirt den digitalen Impfnachweis präsentieren zu können. „Wir haben gesehen, wie er die Foto-App öffnete“, erzählt Kirner, „Das war schon ziemlich plump.“ Aber auch ohne den verspäteten Zugriff auf das abgespeicherte Foto wäre der Mann wohl aufgeflogen. Viele Gäste berichten von sorgfältigen Kontrollen, mit gescanntem digitalem Impfzertifikat samt Abgleich mit dem Personalausweis.

So wie auch der Versuch eines jungen Mannes, der die Frühlingsapotheke mit einem Ausweis inklusive Stempel des Rosenheimer Impfzentrums aufsuchte. Der gelbe Nachweis kam den Mitarbeitern seltsam vor, schließlich stellten sie fest, dass die Adresse des Impfzentrums im Stempel nicht stimmte. „Da war die falsche Hausnummer angegeben“, berichtet Wanie, Mitglied im Vorstand der Landesapothekerkammer. Sie und ihre Kollegen halten untereinander Kontakt und bringen sich mit Berichten über die Tricks der Fälscher immer auf den neusten Stand. Nach dem, was sie und andere Apotheker in der Region Rosenheim erleben, ist es durchaus verdächtig, wenn im Impfausweis lediglich die Covid-Impfung dokumentiert ist.

Nicht geimpft oder genesen, dennoch mitten drin im halbwegs normalen Leben? Die Versuchung, beim Besuch etwa eines Restaurants die lästigen 2G-Regeln zu umgehen, ist offenbar groß. Wie nicht nur das Beispiel von Werder-Trainer Markus Anfang zeigt.

Wanie weiß um die Gerüchte von Corona-Parties, bei denen junge Menschen sich angeblich gezielt anstecken, um so an den Genesenennachweis zu kommen. „Brandgefährliche Dummheit“, sagt Wanie.

Andere setzen dann doch lieber auf den Schwindel mit dem gelben Dokument. Der Impfausweis ist die Schwachstelle im 2G-System. Die Eintragungen sind einfach zu fälschen, und die Vorlage ist ohne Probleme im Internet zu bestellen. Auch für Stempel gebe es Anbieter, sagt Wanie. Viele basteln da aber auch selber, „die kriminelle Energie ist unglaublich“. Sollte jemand die Wachsamkeit des Personals in den Hausarztpraxen oder Apotheken überlisten und sein gefälschtes Exemplar durchbringen, dann ist sein Lohn ein echter digitaler Nachweis.

Fraglich ist noch immer, welcher Strafrahmen den Tricksern droht. Eine klare Entscheidung gebe es noch nicht, berichtet Björn Pfeifer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft in Traunstein, es gebe auch noch keine obergerichtliche Rechtssprechung zu dieser Art von Vergehen. Bei Menschen, die sich mit einem gefälschten Zertifikat den Nachweis erschleichen, gehe die Behörde von einem Straftatbestand aus, und zwar nach dem Infektionsschutzmaßnahmengesetz.

Die Angelegenheit verschärft sich, sollte der Impfverweigerer andere anstecken. „Dann müssen wir gegebenenfalls in Richtung einer Körperverletzung oder eines Tötungsdelikts ermitteln“, sagt Pfeifer. Das Innenministerium nannte in einer Antwort auf die Anfrage aus dem Landtag allerdings auch den Verdacht auf Urkundenfälschung und Fälschung von Gesundheitszeugnissen als Ermittlungsschwerpunkte.

Geburtsjahr sorgt
für Erheiterung

Manchmal machen sich die Pass-Friseure aber auch nur der Erregung öffentlicher Heiterkeit schuldig. So wie ein Gast, von dem Lausa-Bar-Chef Stephan Rech zu berichten weiß. Als allenfalls 20-Jähriger wäre der junge Mann durchgegangen, der es bei der Einlasskontrolle mit seinem Alterungsprozess ein wenig übertrieb. „Als Geburtsjahr war da tatsächlich 1971 angeben“, berichtet Rech.

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