Rosenheim/Mühldorf – Wir alle waren mal klein – und wir alle haben es schon einmal erlebt: Den anderen Kindern beim Spielen zuschauen müssen und selber nicht mitmachen dürfen. Wie weh das tut! Ein Stich mitten ins Kinderherz!
Emilia (6) aus Feldkirchen-Westerham weiß, wie sich das anfühlt. Für ihr Leben gern würde sie sich auf einem Spielplatz mal so richtig austoben und gemeinsam mit Luka (10), ihrem großen Bruder, unter freiem Himmel in die Sonne hineinschaukeln oder, ganz oben auf dem Kletterwürfel, die Wolken zählen.
Mit der Hilfe der OVB-Leser kann dieser Wunsch bald in Erfüllung gehen. Auf dem Gelände der Schön-Klinik Vogtareuth hat der Silberstreifen e. V. mit dem Bau eines inklusiven, barrierefreien Spielplatzes begonnen. Ganz allein kann der gemeinnützige Förderverein das Projekt nicht stemmen. Also sorgt die Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ dafür, dass es an nichts fehlt – damit alle Buben und Mädchen ihren Spaß haben, Kinder mit und ohne Einschränkung.
„Leider findet man so einen Spielplatz nirgends in der Nähe“, sagt Alina da Silva, Kinderkrankenschwester, dreifache Mutter und Emilias Mama. Emilia ist 2015 als Frühchen zur Welt gekommen. Bei der Geburt kam auch noch eine Hirnblutung dazu.
Das führte zu einer beidseitigen Zerebralparese. Deshalb sitzt Emilia oft im Rollstuhl, Arme und Beine, Muskeln und Knochen machen nicht das, was sie will. Das kann leider kein Arzt der Welt wegzaubern.
Nutella auf der Bluse und Papas Garnelen
Also muss das Mädchen hart trainieren, um mit dem Rolli noch flotter unterwegs zu sein oder den Schulranzen irgendwann einmal selbst tragen zu können. Und wenn vom Nutellabrot mehr im Mund landet und weniger auf der Bluse, würde das der Mama auch so manchen Waschgang erleichtern.
Übung macht also die Meisterin. Emilia hat das halbe Leben in Kliniken und Therapiezentren verbracht – und mit ihr die ganze Familie, die inzwischen fünfköpfig ist, seit Luka und Emilia Anfang 2021 mit Matteo noch ein kleines Brüderchen bekommen haben.
Man kann es nur erahnen, aber das muss zuletzt schon eine spezielle Zeit fürs Da-Silva-Quintett gewesen sein: die stationären Aufenthalte und Rehas in der Schön Klinik, hunderte Ergo-, Physio- und Logotherapiestunden, dazu die Schwangerschaft, Matteos Geburt, Emilias Einschulung – und das alles mitten im Corona-Wahnsinn, der die Familie härter getroffen hat als viele andere. Schließlich verdient Vater Danilo, der aus Portugal kommt, sein Geld in der besonders corona-gebeutelten Gastronomie – als Koch in München.
Immerhin kam Emilia so etwas häufiger als sonst in den Genuss von Papas portugiesischen Kochkünsten. Ihr absoluter Favorit: Garnelen im Knoblauch-Koriander-Dip.
„Wir nehmen es, wie es kommt“, lacht Alina da Silva. Zum Jammern bleibt ja auch keine Zeit. Das gilt auch für Emilia, seit September 2021 ein stolzes Schulkind. Um 6.30 Uhr wird sie jeden Morgen in Feldkirchen-Westerham abgeholt und in die Förderschule nach München gefahren, meist erst um 17.15 Uhr kommt sie wieder heim. Was für ein Pensum für so ein kleines Mädchen.
Eigentlich wollten die Eltern Emilias Ernst des Lebens erst 2022 beginnen lassen, aber da machte sie nicht mit. Emilia will überall dabei und mittendrin sein, jetzt sofort und nicht erst morgen – auf dem Spielplatz, in der Schule, im Leben.
Deshalb übt sie in der Schön Klinik auch schon das Laufen mit ihrem Walker, einem Rollator mit vier Rädern. Daran war vor Jahren nicht einmal im Traum zu denken. „Ich kenne Emilia schon lang und hätte wirklich nicht gedacht, dass sie so schnell so viel lernen wird. Eine wahre Freude“, schwärmt Melanie Hessenauer, ihre Ergotherapeutin in Vogtareuth. „Und dabei haben wir so viel Spaß miteinander.“
Schade nur, dass die Erstklässlerin mit ihrer Familie in einer leider wenig barrierefreien Alltagswirklichkeit oft an Grenzen stößt. „Erstaunlich und traurig, wie viele Sachen für Kinder wie Emilia nicht erreichbar sind“, spricht Mutter Alina aus schlechter Erfahrung. Was hilft der schönste Freizeit-, Wasser- oder Märchenpark, wenn Kinder wie Emilia nicht dorthin kommen, wo sie hinwollen?
Ja sicher, daheim im eigenen kleinen Garten, da hat Emilias Papa einen Sandkasten aufgestellt. „Aber da treffe ich keine anderen Kinder zum Spielen“, sagt Emilia. In Vogtareuth dagegen schon – sobald der inklusive, barrierefreie Spielplatz für alle fertig ist.
Garantiert gemeinsam
glücklich und gechillt
Emilia ist nicht die Einzige, die sich darauf freut. Auch Bruder Luka ist schon gespannt. Und was wäre das für ein schönes Einweihungsfoto im OVB, wie sie zu zweit in die tief stehende Sonne hineinschaukeln!
Und, Corona hin oder her: Dort gilt in jedem Fall die 7G-plus-Regel: grundsätzlich gechillt, grenzenlos, ganzheitlich und garantiert gemeinsam glücklich.
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