Rosenheim – Steht die Region noch einen Schritt vorm Lockdown? Oder war sie schon gestern, am Dienstag, jenseits der Schwelle? Das Zahlen-Chaos bei den Sieben-Tage-Inzidenzen machte die Pandemie-Lage für Stadt und Landkreis gestern noch komplizierter, als sie kurz vor dem Hotspot-Lockdown ohnehin schon ist. Die Hoffnung, die durch die niedrigen Zahlen des Robert-Koch-Instituts aufkeimte, dürfte aber nur von kurzer Dauer sein.
Landesamt hat
noch höhere Werte
Nach den Zahlen des Landratsamtes hatten die kreisfreie Stadt Rosenheim und der Landkreis die kritische Marke mit Anlauf gerissen. Im Landkreis lag die Zahl bei 1141,30, in der Stadt bei 1026,90. Noch höher sind die Zahlen übrigens nach Auskunft des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit.
Entscheidend aber für Lockerungen und Verschärfungen sind die Zahlen des RKI. Das sagt das bayerische Gesundheitsministerium. Nach der offiziellen Statistik des Instituts lagen die Zahlen bei 916,2 beziehungsweise bei 809,9 – und damit unter der kritischen Grenze.
Dass Stadt und Landkreis gestern noch nicht zu den zehn Hotspot-Regionen im Freistaat gezählt wurden, denen härtere Einschränkungen drohen, beruht aber lediglich auf falschen Daten. Das Landratsamt Rosenheim machte – anders als die Stadt – auf seiner Homepage auf die Differenz aufmerksam und nannte einen „technischen Übertragungsfehler“ als Ursache.
Die Nachricht, dass die Zahlen für die Region des Landkreises gestern zu niedrig lagen, nahm das RKI nicht zum Anlass für Korrekturen. „Die Behörden in Stadt oder Landkreis verfügen immer über die aktuellsten Zahlen“, hieß es auf Anfragen der OVB-Heimatzeitungen.
Dass es zu Unschärfen kommen kann, wollte das RKI weiterhin nicht ausschließen. Die Sieben-Tage-Inzidenz basiere auf dem Meldedatum der Fälle. Durch Verzug bei der Übermittlung der Daten könne es „zu einer Unterschätzung“ der Inzidenz kommen. Diese Gefahr bestehe insbesondere bei dynamischen Entwicklungen.
OB März sieht Stadt
im „Tal der Tränen“
Ob es auch heute zu einer Unterschätzung kommt? Es wäre wohl die einzige, winzige Möglichkeit, den Lockdown noch aufzuschieben. Eine Trendwende ist unwahrscheinlich. So wie sich die Zahlen gestern auf der Seite des Landratsamtes darstellten, verabschiedet sich die Region in den Lockdown. Als erste gehen die Saurier in den Winterurlaub: Das Ausstellungszentrum Lokschuppen in Rosenheim ruft ab heute die vorweihnachtliche Zwangspause aus, die Ausstellung „Saurier – Giganten der Meere“ ist damit vorzeitig beendet.
Michael Fischer, Sprecher des Landratsamts, schildert das weitere Vorgehen: Sollte der Landkreis Rosenheim am Mittwoch laut RKI-Dashboard eine Sieben-Tage-Inzidenz von 1000 und höher aufweisen, werde das Landratsamt Rosenheim dies im Laufe des Tages formal in einer Bekanntmachung feststellen. „Dies ist Voraussetzung, damit der regionale Hotspot-Lockdown einen Tag später, also am Donnerstag, in Kraft treten kann.“
Dazu braucht es, wie wiederum die Stadt Rosenheim mitteilt, auch keine Allgemeinverfügung mehr. „Eine amtliche Bekanntmachung, die das Überschreiten der 1000er-Marke feststellt, ist ausreichend“, sagt Sprecher Christian Schwalm.
Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März hat sich bereits dreingeschickt. Die Verschärfung der Corona-Regelungen sei angesichts der Lage in den Intensivstationen unvermeidlich. Jede andere Entscheidung wäre im Hinblick auf das Funktionieren des Gesundheitssystems „nicht zu verantworten“. Er hoffe, dass der Hotspot-Lockdown die vierte Infektionswelle breche, die Kliniken entlaste und Menschenleben rette. Auf lange Sicht sei „der einzige Weg, der uns aus diesem Tal der Tränen wieder herausführt: impfen, impfen, impfen“.
Keine Illusionen
in Traunstein
Auch der Landkreis Traunstein gibt sich keinen Illusionen hin. Für die Landkreise, die am heutigen Mittwoch die Grenze von 1000 überschreiten – „darunter auch der Landkreis Traunstein“ – gelte ab Donnerstag der Lockdown. Diese Maßnahme gelte so lange, bis fünf Tage in Folge der Wert von 1000 wieder unterschritten werde. Dass dieser Zeitpunkt so schnell kommt – daran scheint OB März nicht zu glauben. Er fürchte, der Lockdown werde „in drei oder vier Wochen noch nicht vorüber sein“.