Mit ausgestreckten Armen

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Beim Herrichten unserer Kirche für das bevorstehende Weihnachtsfest werfe ich noch kurz einen prüfenden Blick in die große Holzkrippe, die an Heiligabend vor dem Altar aufgestellt wird. Ein vertrauter Anblick, aber diesmal bleibe ich davor stehen und spüre plötzlich einen ganz tiefen Stich in meinem Herzen.

Das Christkind liegt zwar wie immer in der Krippe, aber etwas sehe ich in diesem Jahr neu: Es schläft dort nicht in der natürlichen Haltung eines Säuglings. Weit breitet es die Arme aus, als wolle es die ganze Welt umarmen.

Beim längeren Betrachten dämmert mir auch, warum mich das heuer so anrührt: Die herzlichen Umarmungen unter guten Freunden und die tröstenden bei seelsorgerlichen Einsätzen sind in der jüngsten Zeit unterblieben, wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen. Gott aber geht nicht auf Abstand. Es ist gerade seine große Sehnsucht, ganz nah an unserer Seite zu sein.

Meine Gedanken wandern still zu den Menschen, für die ich als Seelsorgerin Sorge trage. Ich denke an solche, die Weihnachten heuer erstmals ohne den Lebenspartner, mit einer Krebsdiagnose oder im Frauenhaus feiern werden und würde mir so sehr wünschen, dass sie Gottes liebevolle Umarmung unserer Welt spüren können.

Mit ausgebreiteten Armen hängt Jesus in unserer Kirche auch am Kreuz. Grausig festgenagelt, aber doch ein Bild, das mir an diesem Tag wie eine Weiterführung der Weihnachtskrippe erscheint: Ein „heruntergekommener“ und verletzlicher Gott in der Krippe und am Kreuz, aber hautnah an unserer Seite auf allen Wegen unseres Lebens.

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