Rosenheim – Mehrere Redebeiträge auf der Rosenheimer Corona-Mahnwache sorgen für Unruhe und Wirbel. Ihr Urheber: Andreas Anton Oberauer. Er präsentiert sich als Oberfeldwebel des Gebirgsjägerbataillons 231, stationiert in Bad Reichenhall. Er übt unter anderem massive Kritik an der Corona-Politik. Gestern Abend wurde er in München festgenommen. Er steht im Verdacht, öffentlich zu Straftaten aufgefordert zu haben. Die weitere Sachbearbeitung liegt in dem Fall bei der Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Kripobeamte von dort übernahmen den Festgenommenen und verbrachten ihn gestern Abend in den Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
Auf Videoplattform
dokumentiert
Auf einer der jüngsten Mahnwachen auf dem Ichikawa-Platz in Rosenheim sprach der Bundeswehrsoldat nicht nur von Befehlsverweigerung, sondern auch davon, dass er die Freiheit der Demonstrationsteilnehmer notfalls dadurch verteidigen wolle, in dem er schlimmstenfalls das Grundgesetz verrate. Ebenso berichtete er von Konflikten mit seinen Vorgesetzten, denen er gesagt haben will, sie müssten ihn notfalls wie einst Graf Claus Schenk von Stauffenberg an die Wand stellen. Der Wehrmachtsoffizier organisierte im Juli 1944 die sogenannte Operation Walküre, welche das NS-Regime durch ein Attentat auf Adolf Hitler stürzen sollte.
Maßnahmen
zurückschrauben
Oberauers Aussagen sind auf der Videoplattform Youtube dokumentiert. In einem weiteren Video wendet er sich offensichtlich an die Politik mit der „Gelegenheit“, die Impfpflicht bei Soldaten und Pflegepersonal wie auch die Corona-Maßnahmen „zurückzuschrauben“. „Dies ist eine Warnung“, sagt Oberauer und setzt der Politik gleichzeitig ein Ultimatum, von diesen „wahnwitzigen, verfassungsfeindlichen Vorhaben zurückzutreten.“
In einem dritten Video spricht er dem Anschein nach zu den Teilnehmern der jüngsten Rosenheimer Mahnwache am Mittwoch, dass man sie „in Scherben“ schlagen werde. „Eure Leichen wird man auf den Feldern verstreuen. Ihr werdet sicherlich nicht wie die tapferen Soldaten in tiefem Grund liegen“, sagt er weiter.
Hier ist jedoch nur ein gut 30-sekündiger Ausschnitt seiner Rede zu sehen. In seinem jüngsten Video von Donnerstag ruft er Polizisten wie auch seine Kameraden bei der Bundeswehr dazu auf, sich gegen jedwede Aktionen der Polizei zu stemmen, die sich gegen die Corona-Spaziergänge richten.
Alarmiert ob dieser Aussagen ist nicht nur der Staatsschutz bei der Rosenheimer Kriminalpolizei, wie der Polizeisprecher Martin Emig bestätigte. Auch das Bundesverteidigungsministerium hat Kenntnis von den Aussagen Oberauers. „Das derzeit im Netz kursierende Video eines angeblichen Soldaten haben wir zur Kenntnis genommen. Es enthält Drohungen gegen den Rechtsstaat, die nicht hinnehmbar sind“, antwortet eine Ministeriumssprecherin auf OVB-Anfrage. Der Sachverhalt und Konsequenzen würden bereits geprüft. Gestern Abend wurde er nun am Odeonsplatz festgenommen.
In Rosenheim ist die Empörung nach den Auftritten groß. „Sich mit Widerstandskämpfern aus der Zeit des menschenverachtenden Naziregimes in eine Reihe zu stellen, ist ein unerträglicher Vergleich“, sagt die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Rosenheim Stadt sowie Bezirks- und Stadträtin Elisabeth Jordan. „Ein Mitglied der Bundeswehr, das eine aufwieglerische Rede von sich gibt, sollte sich fragen, ob er noch den richtigen Arbeitgeber hat.“
Rosenheims Zweiter Bürgermeister Daniel Artmann (CSU) findet: „Die zunehmenden Radikalisierungstendenzen unter einzelnen Kritikern der Corona-Maßnahmen sind beängstigend. Protest muss in einer Demokratie selbstverständlich möglich sein, aber friedlich, auf dem Boden des Grundgesetzes und ohne jegliche Drohungen.“
Widerspruch zum
eigenen Kodex
Oberauers Aussagen widersprechen jenem Kodex, den sich die Organisatoren der Mahnwache selbst gegeben haben. „Wir verwehren uns gegen rechtsradikale und linksradikale Äußerungen und geben diesen auch keinen Raum“, ist in diesem zu lesen. „Wir distanzieren uns von solchen Äußerungen“, sagt Peggy Galic, die bislang die Rosenheimer Mahnwachen angemeldet hatte. Galic verweist darauf, dass sie nicht jede Rede explizit verfolgen könne. Oberauers Rede auf dem Ichikawa-Platz will sie in besagter Form nicht wahrgenommen haben. An Aufrufe will sie sich nicht erinnern. Bei den Gesprächen, die sie im Vorfeld mit dem Soldaten geführt habe, habe dieser immer seine Treue zum Grundgesetz versichert. Lediglich seine Absicht, Befehle zu verweigern, die nach seiner Ansicht Recht und Gesetz widersprechen, habe er ihr gegenüber zum Ausdruck gebracht. In der Telegram-Gruppe der Rosenheimer Mahnwache finden sich Beiträge, die sich von den Aussagen Oberauers distanzieren. Andere wiederum relativieren die Aussagen des Oberfeldwebels.
Zur jüngsten Versammlung im Lampenpark waren laut Veranstalter bis zu 1300 Menschen zusammengekommen. Die Polizei spricht von maximal 800 Teilnehmern. Gestern Abend fand ein weiterer Spaziergang mit hunderten Teilnehmern durch die Innenstadt statt.