Rosenheim – Fast 1000 Menschen aus der Region haben einen offenen Brief gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht unterschrieben. Wird ab 16. März zu hunderten medizinisches Personal in der Region wegfallen? Kommt ein Versorgungsengpass? Wie die Romed-Kliniken und das Gesundheitsamt Rosenheim die Lage einschätzen.
Rücknahme des
Gesetzes gefordert
Erst für die Pflegenden klatschen und dann kommt die „Impfpflicht-Klatsche“. Mit diesen Worten beginnt der offene Brief an die Gesundheitsministerien und einige lokale Politiker, den laut den Initiatoren 850 Menschen aus der Region rund um Rosenheim unterschrieben haben. Sie fordern von der Politik, das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht zurückzunehmen. Eine Impfentscheidung solle frei und individuell bleiben, heißt es in dem Brief.
Unterzeichnet haben laut Initiatorin Christina Bofinger, die selbst Intensivfachkraft ist, zu großen Teilen ungeimpfte oder genesene Personen, die von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen sind (wir berichteten). Bofinger kriege immer noch Anfragen, ob man den Brief noch unterschreiben könne, erzählt sie auf Nachfrage.
Doch wie viel medizinisches Personal wird wirklich den Beruf wechseln, wenn es ab 16. März heißt: Arbeiten nur mit gültigem Impfschutz? Bofinger schätzt, dass 80 bis 90 Prozent der Mitarbeiter in den regionalen Kliniken bereits geimpft sind. Diese grobe Schätzung bestätigt auch die Antwort von den Romed-Kliniken.
Demnach hätten 15 bis 20 Prozent der Mitarbeiter den vollständigen Impfstatus noch nicht an die Personalabteilung gemeldet, heißt es von Sprecherin Sabine Bodner. Die Spanne ist schnell erklärt: Die letzte vollständige Erhebung der Personalabteilung fand Anfang Januar statt. Zu dem Zeitpunkt hatten etwas über 80 Prozent der Angestellten bereits einen vollständigen Impfschutz gemeldet. Bei insgesamt rund 3700 Mitarbeitern in den Romed-Kliniken ist also bei 555 bis 740 Angestellten noch nicht klar, ob sie einen vollständigen Impfschutz haben oder nicht.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch so viele Klinikmitarbeiter mit Einführung der Impfpflicht die Kliniken verlassen werden. So kämen regelmäßig neue Rückmeldungen zum vollständigen Impfstatus, wie es von Sabine Bodner heißt. Man habe auch die Hoffnung, „dass sich noch etliche Mitarbeiter zur Impfung entschließen, wenn der neue sogenannte Tot-Impfstoff verfügbar ist“.
Die Romed-Kliniken möchten keine Mitarbeiter verlieren, so Bodner. Bestehende Arbeitsverhältnisse wolle man aufrecht erhalten. Eines stellt Bodner auch klar: Nach der derzeitigen Rechtslage haben die Kliniken keinen Entscheidungsspielraum. Wer nach dem 15. März keinen vollständigen Impfschutz vorweisen kann, wird an das Gesundheitsamt gemeldet. Das Amt prüft dann, ob ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden muss.
Das Gesundheitsamt in Rosenheim bereitet sich bereits fachlich und rechtlich auf die Umsetzung der Impfpflicht-Kontrollen vor. „Auch wenn noch nicht alle Fragen zum Vollzug mit den vorgesetzten Stellen geklärt sind“, so Gesundheitsamtsleiter Dr. Wolfgang Hierl, wolle man „die neuen Regelungen in engem Austausch mit den Leitungen der Einrichtungen im Gesundheitswesen durchführen“.
Die medizinischen Einrichtungen müssen dem Gesundheitsamt melden, wenn Angestellte keinen Nachweis vorlegen oder an der Echtheit der Nachweise gezweifelt wird. Die Fälle werden dann durch das Amt untersucht. Bei Bedarf werden die Betroffenen aufgefordert, die notwendigen Nachweise vorzulegen oder es wird eine ärztliche Untersuchung angeordnet.
„Wenn die betroffenen Personen dem nicht Folge leisten, kann das Landratsamt Betretungs- oder Tätigkeitsverbote aussprechen.“ Weitere Maßnahmen können Zwangsgelder sein. Auch Ordnungswidrigkeitsverfahren mit Bußgeld können eingeleitet werden. Weiter heißt es in der Mitteilung: „Bei der Wahl der geeigneten Vollzugsmaßnahmen wird das Gesundheitsamt auch die Versorgungssicherheit in den Einrichtungen im Blick haben.“
Solange das Verfahren läuft, muss der Arbeitgeber laut Gesundheitsamt nicht handeln, „denn im Infektionsschutzgesetz ist kein Kündigungsgrund für den Arbeitgeber vorgesehen.“
Wird es in den Kliniken zu Versorgungsengpässen kommen, wenn es zur Freistellungswelle des ungeimpften Klinikpersonals kommt? Bei den Romed-Kliniken wird vorsorglich geprüft, „wie Versorgungsengpässe für Patienten vermieden und unzumutbare Zusatzbelastungen für Mitarbeiter verhindert werden können. Insofern prüfen die Romed-Kliniken dazu alle Möglichkeiten, wie Personalumschichtungen oder Dienstplananpassungen.“
Teststrategie und
Schutzausrüstung
Bofinger sieht die Lösung in „guten Teststrategien“ und Schutzausrüstung anstelle der Impfpflicht. Das Tragen einer FFP2-Maske ermögliche etwa einen sehr hohen Eigen- sowie Fremdschutz. „Und wer Krankheitssymptome hat, bleibt daheim.“ Die Pflegerin stellt auch fest, dass keiner der Unterzeichner Corona leugne. „Jeder ist sich der Schwere der Erkrankung bewusst.“ Man hoffe auch, dass die derzeitige Omikron-Variante mit einem milderen Verlauf die Situation ändere. Sie seien auch keine Impfgegner. „Wir sind dafür, dass sich jeder frei für, oder gegen eine Impfung entscheiden darf.“