Der Zoff geht weiter

von Redaktion

Brenner-Nordzulauf Kommunen rufen zu Dialog-Boykott auf

Tuntenhausen/Ebersberg – Die Planungen für den Brenner-Nordzulauf sorgen im Landkreis Ebersberg weiter für Zoff. Die Bürgermeister der Anrainergemeinden Bruck und Grafing hatten ebenso wie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ihre Teilnahme am Bürger-Dialog mit der Bahn fürs erste auf Eis gelegt. Und die Bahn mit einer Liste von 84 Fragen konfrontiert. Anders Tuntenhausens Bürgermeister Georg Weigl und Großkarolinenfelds Bürgermeister Bernd Fessler – sie bleiben im Dialog dabei. Nicht im Widerspruch zu den Nachbarn, wie Weigl betont. Sondern eher, weil die Region Rosenheim wesentlich mehr Zeit gehabt habe, die Planungen der Bahn zu verdauen.

Plädoyer für die
Bestandsstrecke

Im Kern geht‘s momentan darum: Bürger, Organisationen und Anrainergemeinden im Landkreis Ebersberg ziehen im Abschnitt zwischen Ostermünchen und Grafing den viergleisigen Ausbau der Bestandsstrecke vor, fordern zumindest die Prüfung der Trasse. Was die Bahn wiederholt zurückgewiesen hat. Sie bleibt dabei: Die Bestandsstrecke sei für Mensch und Natur belastender. Bahn und Bürger stehen einander schroff gegenüber. Man sei „höchst irritiert“ darüber, wie die Bahn vorgehe, so hatte es in dem Brief geheißen. Der Dialog finde „nicht auf Augenhöhe statt“.

Bahn weist
Vorwürfe zurück

Die Bahn bedauerte in einer Erklärung den Boykott. Nur eben ohne die Phalanx der Widerstrebenden. „Einen Boykott-Aufruf finden wir falsch“, sagte Planer Christian Tradler. Vorwürfe, es mangle an Dialogbereitschaft und die Bahn bleibe Antworten schuldig „müssen wir entschieden zurückweisen“, sagt Tradler. Mit denjenigen, die im Dialog geblieben seien – vorwiegend Teilnehmer aus dem Nachbarlandkreis Rosenheim – sei das Gespräch „sehr konstruktiv“ verlaufen.

Zu diesen Teilnehmern gehörte Tuntenhausens Bürgermeister Georg Weigl. Der Ortsteil Hohenthann ist von den Planungen der Bahn stark betroffen. Also schaltete er sich dazu. „Ich habe Verständnis“, sagte Weigl auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Auf die Kollegen im Landkreis Ebersberg seien sehr viele Informationen in einem kurzen Zeitraum abgefeuert worden. „Im erweiterten Planungsraum Kiefersfelden bis Ostermünchen hat sich das über Jahre erstreckt, dort wurde in kurzer Zeit präsentiert und beschlossen“, sagte Weigl. Die Bürgermeister im Landkreis Rosenheim seien drin im Thema, „aber für die Kollegen ist das alles neu“.

Auch er wünscht für sein Gemeindegebiet eine Bestandsstrecke. Nach der Planung der Bahn wird die alte Strecke aber abgebaut, der Bahnhof würde zwischen Tuntenhausen und Ostermünchen neu gebaut werden. Die Regierung von Oberbayern gab der Bahn in ihrem Raumordnungsgutachten allerdings auf, die Lösung mit der Bestandsstrecke zu prüfen. Eine Hausaufgabe hat die Regierung der Bahn auch für die nördliche Inn-Querung bei Stephanskirchen aufgegeben. Die Bahn sieht eine Brücke vor, bevor die Trasse im fünfeinhalb Kilometer langen Tunnel Ringelfeld östlich um Stephanskirchen herumgeführt wird.

Untertunnelung
soll geprüft werden

Nach dem Raumordnungsverfahren soll an dieser Stelle die Möglichkeit einer Untertunnelung des Inns geprüft werden. „Die Bahn täte gut daran, diese Prüfung sorgfältig vorzunehmen“, sagt Großkarolinenfelds Bürgermeister Bernd Fessler, der als Sprecher der Bürgermeister im Landkreis Rosenheim den Dialog für den Landkreis Ebersberg als „Beobachter“ begleitet, wie er sagt. Eine oberflächliche Analyse böte Anlass zu juristischen Schritten im Planfeststellungsverfahren. Dann würde sich der Bau des Brenner-Nordzulaufs verzögern. Eine Untertunnelung des Inns vor Stephanskirchen hatten die Planer der Bahn wiederholt als technisch sehr schwierig bezeichnet. Gut 30 Meter müsste in die Tiefe gegraben werden. Bis zur Verknüpfungsstelle bei Ostermünchen wäre die Trasse kaum mit verträglichem Gefälle zu führen, sagen die Planer. Bedeutet: Die Verknüpfungsstelle würde womöglich weiter in Richtung Norden wandern und damit wohl in den Landkreis Ebersberg. Man werde dennoch auch diese Möglichkeit sorgfältig prüfen, sagte ein Sprecher der Bahn, die Ergebnisse dieser Prüfung könne man im Sommer präsentieren.

Unterschrieben hatte den Boykott-Brief mit der Frageliste auch der Bürgermeister von Aßling, Hans Fent. Er wird sich auf kritische Nachfragen seiner Mitunterzeichner einrichten dürfen. Denn er nahm, dem Boykott-Aufruf zum Trotz, an der jüngsten Dialog-Sitzung teil.

Bauministerin Schreyer bei Protest

Für den heutigen Samstag haben örtliche Interessensvertreter und regionale Mandatsträger zu einer Protestveranstaltung in Grafing eingeladen. Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer wird sich dort einfinden, sie wolle „vor Ort den Dialog mit den Verantwortlichen und den Bürgern suchen“, heißt es seitens des Ministeriums. Auch von Bahn und den Neubau-Gegnern verlangt Schreyer Dialog. „Nur gemeinsam kann das Beste für die Region erreicht werden“, sagte sie, nachdem Interessensvertreter der Region die Gespräche mit der Bahn auf Eis gelegt hatten. we

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