„Seid Hirten mit dem Geruch der Schafe“, hat Papst Franziskus einmal gesagt. Mein Gott, denke ich mir. Ob der wirklich weiß, wie so ein Schaf riechen kann? Natürlich habe ich meine spontane Reaktion gleich revidiert. Ein Schaf stinkt nämlich nicht. Es hat höchstens seinen arteigenen Geruch und jeder Schafhalter, der seine Schafe liebt, wird das genau so bezeugen. Allmählich wird mir klar, was Papst Franziskus damit meint: Als Hirte oder Hirtin – und das sind im weiteren Sinn nicht nur wir Seelsorgerinnen und Seelsorger, sondern auch die Vertreter der Politik und alle, die in einer Gemeinschaft für andere Sorgen tragen, haben wir uns ganz hineinzubegeben in den normalen Geschmack des Lebens. Den „Geruch der Schafe“ zu haben heißt, das Leben mit diesen zu teilen und selber ein wirklicher Teil davon zu sein. Wer den „Geruch der Schafe“ hat, kann nicht abheben in theoretische Sphären, die mit dem Alltag der Menschen nichts mehr zu tun haben. Möglicherweise ist das auch eine der Ursachen, die zur gegenwärtigen Krise der Kirchen und zum verloren gegangenen Vertrauen in den Staat und die Demokratie geführt haben. Der gute Hirte weiß um seine Schafe und um ihre jeweiligen Geschichten. Er versteht und spricht ihre Sprache, schlägt sie nicht mit seinem Hirtenstab, sondern zeigt mit diesem eine Richtung auf zu Orten, an denen man wirklich leben und lebendig sein kann. Als Hirte ganz nah am Menschen zu sein und sich für den Geruch seiner Schafe nicht zu schämen. Ja, diesen Geruch selber anzunehmen – und zu lieben. Das wäre die Aufgabe.