Rosenheim – Zapfen statt impfen? Die Tage des Impfzentrums auf der Loretowiese scheinen gezählt. Ende April dürfte der Vertrag zwischen Stadt und Auerbräu über die Nutzung der Inntalhalle auslaufen und nicht verlängert werden. Schon weil sich die Verantwortlichen den Weg zum Comeback des Herbstfestes nicht verbauen wollen.
Betrieb droht
einzuschlafen
Bereits jetzt droht der Betrieb in der Inntalhalle einzuschlafen. Zuletzt waren 1700 Impfungen in sieben Tagen gezählt worden, so viel wie früher an einem Tag. Auch der Start der Kampagne zur Viertimpfung für besonders gefährdete und geforderte Menschen in Gesundheitsberufen bringt kaum Leben in die Halle.
Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts Rosenheim, setzt auch deswegen auf den neuen Tot-Impfstoff. Kann Nuvaxovid Impfskeptiker überzeugen?
„Große Hoffnung“ hege man da, sagte Hierl auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Vor allem für Menschen, die Vektor-Impfstoffen und Vakzinen mit Messenger-RNA kritisch gegenüberstehen, weil es sich dabei um neuere Formen der Impfstoffentwicklung handelt, könne der Impfstoff des Unternehmens Novavax, „ein klassischer proteinbasierter Tot-Impfstoff, eine echte Alternative darstellen“.
Nur mäßige
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen des Novavax-Impfstoffs Nuvaxovid seien in der Regel leicht oder mäßig, die Schutzwirkung laut Studien beeindruckend, sagt Hierl. Alles Argumente für eine Impfung selbst der Menschen, die bislang vor der Nadel zurückschreckten, wie er findet.
Allerdings, so gibt Hierl zu bedenken, seien während der Beobachtungen für die Studie noch Alpha und Beta die herrschenden Varianten gewesen. „Derzeit gibt es nur begrenzte Daten über die Wirksamkeit von Nuvaxovid gegen andere bedenkliche Varianten, einschließlich Omikron.“ Trotzdem: Soll die Kampagne gelingen, wird es auf den neuen Stoff ankommen. Denn noch nicht einmal die Kampagne für die Booster-Auffrischung für besonders gefährdete Menschen nimmt Fahrt auf.
„Eine Person mit Vorerkrankungen“ sei vergangene Woche der erste Empfänger der Viertimpfung im Impfzentrum gewesen, teilte die Stadt Rosenheim auf Anfrage mit. Dieser Premiere folgten in der ersten Woche 43 weitere Termine. In der laufenden Woche sei die „Tendenz steigend“, meldet Christian Schwalm als Sprecher der Stadt Rosenheim. Nichtsdestotrotz räumt er ein: „Die Anzahl der wöchentlichen Anmeldungen ist überschaubar.“ Das bestätigen Hausärzte und Apotheker in der Region Rosenheim. „Gegen null“ gehe die Nachfrage, auch die seit Dienstag hoch offiziell von der Stiko empfohlene zweite Auffrischungsimpfung für Menschen mit Vorerkrankungen oder Mitarbeiter in Gesundheitsberufen werde nicht für Hochbetrieb sorgen, sagt Ulf Simon, Chef der Heilig-Geist-Apotheke.
Das mit der vierten Impfung sei in den Augen vieler Menschen eine zwiespältige Angelegenheit, sagt Dr. Nikolaus Klecker, Bezirksvorsitzender des bayerischen Hausärzteverbands. „Klar, da gibt es immer wieder Experten, die warnen. Andererseits sieht es so aus, dass Omikron meist harmlos verläuft.“ So zögern viele Menschen, weil sie die Notwendigkeit des Impfens nicht unbedingt einsehen.
Wo eine erhöhte Gefährdung sei, bei Vorerkrankten und älteren Menschen, solle unbedingt der Booster aufgefrischt werden, sagt Dr. Fritz Ihler, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim.
Droht eine
sechste Welle?
Er warnt vor einer sechsten Welle. „Wenn wir nicht im Herbst schon wieder in was reinlaufen wollen, müssen wir jetzt die Zeit nutzen.“
Ob irgendwann auch der aufgefrischte Booster erneut geboostert werden muss, auf die vierte eine fünfte oder gar sechste Impfung folgen wird, könne man im Moment nicht abschätzen, sagt Ihler. „Ausschließen würde ich es nicht.“ Fachleute mutmaßen schon länger, dass die Menschen in der Region, die den Corona-Maßnahmen insgesamt wohlwollend gegenüberstehen, bereits geimpft sind. Das gute Drittel Ungeimpfter sei nur noch schwer zu erreichen und zu überzeugen. Diese Quote könnte Novavax verbessern. Aber: „Hundert Prozent werden wir wohl nie erreichen“, sagt Ulf Simon.
Es könnte noch eine Zeitlang dauern, bis der neue Stoff sozusagen in die freie Wildbahn gelangt. Zunächst würden wohl nur die Krankenhäuser versorgt, hat Apotheker Simon erfahren.
Ab Mitte kommender Woche solle der Impfstoff ausgeliefert werden. Wohin, auf welchem Wege? „Mir noch unbekannt“, sagt Simon, „da ist einiges in der Schwebe.“