Ebersberg/Rosenheim – Tag drei im Prozess um sexuelle Belästigung vor dem Ebersberger Amtsgericht. Diese wird dem 65-jährigen Unternehmensinhaber aus dem Landkreis Rosenheim mit Standorten auch im Landkreis Ebersberg vorgeworfen. Er soll Mitarbeiterinnen begrapscht haben. Zwei Zeuginnen erklärten jetzt, sie hätten davon nie etwas mitbekommen. Sie beschrieben den Inhaber positiv. „Ein sehr netter Chef“, sagte eine Zeugin.
Gegrapscht und
Witze gemacht
Angezeigt worden war der 65-Jährige von zwei ehemaligen Mitarbeiterinnen. Eine der Frauen erklärte zu Prozessbeginn, er habe stets Witze gemacht, „auch derbe Sachen“. Zudem habe er auch immer wieder gegrapscht. Die Anklage listet einen Vorfall auf, bei dem der 65-Jährige die Frau in der Küche einer Filiale von hinten gepackt und sich an ihr gerieben haben soll. „Ich war wie in Schockstarre“, berichtete die Frau vor Gericht. Sie ging zum Arzt, wurde krankgeschrieben, holte sich Hilfe bei einem Psychiater, ist immer noch arbeitsunfähig (wir berichteten).
Auch eine ehemalige Standortleiterin belastete ihren früheren Chef. Sie hatte nach einem Streit das Geschäft verlassen, ihr wurde gekündigt. Nach einem Prozess vor dem Arbeitsgericht erhielt sie eine Abfindung. Sie betonte, wenn der Chef im Laden gewesen sei, sei immer etwas vorgefallen. Jeder haben gesehen, dass es Übergriffe gegeben habe. Als sie bei der Polizei zu den Vorwürfen ihrer Kollegin vernommen worden sei, habe sie sich ebenfalls zu einer Anzeige entschlossen.
Auch weitere Zeugen belasteten bisher im Verfahren den Inhaber. Es gab aber auch Zeuginnen, die den 65-Jährigen entlasteten. „Ich wurde nie belästigt“, sagte eine Mitarbeiterin. „Mir ist nie etwas in dieser Richtung aufgefallen.“ Alle hätten sich gefreut, wenn er gekommen sei. Das Verhältnis sei freundschaftlich gewesen.
So berichteten es auch zwei Zeuginnen am jüngsten Prozesstag. Eine Frau, die inzwischen nicht mehr für den Unternehmer arbeitet, sagte aus: Zu ihr seien der Chef und seine Frau immer loyal gewesen. „Ich war lange schwer krank.“ Sie sei im Krankenhaus besucht worden, habe Blumen bekommen. Die Begrüßungen am Arbeitsplatz seien immer nett gewesen. Das habe auch für die Kollegin gegolten, die den 65-Jährigen als Erste angezeigt hatte. Der Inhaber habe sie schon als Kind gekannt. Deren Eltern hätten ein Wirtshaus gehabt. Dort sei der Chef öfter zum Essen gewesen. Die Zeugin sprach von Freundschaft, von einem familiären Verhältnis.
Die Frau berichtete aber auch von einem Vorfall bei einer Weihnachtsfeier vor zehn Jahren. Da habe der Chef der Frau um den Po gefasst. „Wenn man sich kennt, ist das okay“, so die Aussage der Zeugin. Auf Nachfrage einer der drei Rechtsanwältinnen des Angeklagten, ob dies einen sexuellen Bezug gehabt habe, sagte sie klar: „Nein“. Gesehen habe sie das nur einmal.
Nur kurze Besuche
an den Standorten
Nach Aussage der Zeugin seien die Besuche des 65-Jährigen an ihrem Firmenstandort nur kurz gewesen. Manchmal habe er noch einen Kaffee getrunken. „Mir ist nie etwas aufgefallen“, so die zweite Zeugin. Zu den Vorwürfen könne sie nicht viel sagen. „Er war mir gegenüber immer korrekt, ein sehr netter Chef.“ Geschrien habe er nie.ROBERT LANGER