Rosenheim – Der gestrige „Freedom Day“ sollte den Menschen viele Freiheiten zurückgeben – kam dann letztlich aufgrund der hohen Infektionszahlen aber nur in einer abgespeckten Version. Von der Seuche hätte er die Menschen sowieso nicht befreit. Denn nach wie vor steigen die Ansteckungszahlen auf immer neue Höchststände. Die Folgen spüren auch Patienten im Romed-Verbund. „Wir haben zuletzt alle nicht dringlichen Aufnahmen absagen müssen“, meldete Dr. Hanns Lohner, im Romed-Verbund Chefarzt Neurologie und Pandemiebeauftragter. „Die Versorgung ist in gewissem Maße eingeschränkt.“
Datenpanne
ist bereinigt
Am gestrigen Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut für die Stadt Rosenheim eine Sieben-Tage-Inzidenz von 2546,0, im Landkreis lag der Wert gestern sogar bei 2612,3. Nach Bereinigung der Datenpanne bei der Übermittlung zwischen Labor und Gesundheitsamt (wir berichteten) dürften die Zahlen wieder als belastbar gelten, heißt es seitens des Landratsamtes Rosenheim.
Dynamisches
Ansteckungsgeschehen
Das dynamische Ansteckungsgeschehen hat Folgen auch für die Situation der vier Romed-Kliniken in der Region Rosenheim. Am vergangenen Donnerstag wurden in den Normalstationen 90 Patienten mit einer Corona-Infektion gemeldet, laut Hanns Lohner der höchste Stand seit dem Höhepunkt der vierten, der Delta-Welle, im November. „Seit dem Wochenende bemerken wir eine deutliche Zunahme der Zahl der Patienten“, sagt Lohner und fügt hinzu: „Das ist kein zufälliger Anstieg, wir denken, dass die Zahlen noch weiter steigen.“
Kein Zufall, sondern Faktoren, die man eindeutig feststellen kann. Die Zahlen steigen, weil mittlerweile wohl auch in der Region Rosenheim der Omikron-Subtyp BA.2 das Geschehen bestimmt. Er gilt als noch ansteckender als der ohnehin schon kontaktfreudige ursprüngliche Omikron-Typ BA.1.
Mit der Verbreitung der neuen Untervariante gehe eine gewisse Erschöpfung der Menschen einher, meint Lohner: „Die Bereitschaft, sich zu schützen, lässt nach.“ Er äußert ein gewisses Verständnis dafür: „Jeder hat die Corona-Einschränkungen über.“ So sei es nicht verwunderlich, dass die Infektionszahlen stiegen.
Die gute Nachricht: Es scheint sich zu bestätigen, dass auch der verhältnismäßig neue Subtyp der Omikron-Variante im Allgemeinen leichtere Verläufe hervorruft. „Beide Typen wirken nicht so schwer wie Delta“, sagt Lohner. Das sei die Beobachtung auch der Romed-Mediziner. „Wir haben noch immer eine geringe Anzahl an Covid-Patienten auf Intensivstation.“
Es fällt auf, dass auch eine vollständige Impfung inklusive Booster nicht vor einer Infektion schützt. Immerhin jeder zweite im Romed-Verbund registrierte Patient mit einer Corona-Infektion ist vollständig geimpft und geboostert, über 20 Prozent haben zumindest zwei Impfdosen erhalten. Der Anteil der ungeimpften oder nur einmal geimpften Patienten liegt bei rund 30 Prozent. Das entspricht grob dem Anteil der Impfskeptiker in der Gesamtbevölkerung.
Wer anhand dieser Zahlen zu dem Schluss kommt, die Impfung sei unwirksam, erliegt allerdings einem Trugschluss. Denn die Impfung schützt noch immer sehr zuverlässig gegen schwere Verläufe, das bestätigt auch Hanns Lohner. Gut 50 Prozent der positiv getesteten Patienten im Romed-Verbund seien wegen ganz anderer Erkrankungen eingewiesen worden, die Infektion mit dem Coronavirus sei erst bei der Routine-Testung entdeckt worden.
Die hohen Infektionszahlen auch bei Geimpften erklärt sich überdies daraus, dass bei einem gewissen Teil der Patienten die zweite Impfung oder auch die Auffrischung schon über ein Vierteljahr zurückliegt.
Probleme in
den Einrichtungen
Eindeutig ist, dass Corona den Kliniken weiterhin Probleme bereitet. „Wir spüren die Kombination aus einer zunehmenden Belastung durch Anstieg der Covid-Zahlen auf der einen und zunehmende Ausfälle von Mitarbeitern auf der anderen Seite“, erklärt Lohner.
Und noch ein Faktor könnte den Personalstand absinken lassen: Die Impfquote bei den Mitarbeitern liegt laut Romed-Sprecherin Elisabeth Siebeneicher bei etwas über 85 Prozent. Heißt im Umkehrschluss: 15 Prozent der rund 3600 Romed-Mitarbeiter müssen seit der Einführung der „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ Sanktionen durchs Gesundheitsamt fürchten, bis hin zum Tätigkeitsverbot. „Das macht uns Sorgen“, räumt Lohner ein. Aber: „Es ist auch nicht unser akutes Problem, weil nun der Impfstatus erst mal gemeldet wurde und das Verfahren nun seinen Gang geht.“ Man rechne damit, dass die Folgen erst im Sommer zu spüren sein werden.
Das bedeutet einerseits eine Frist für Überzeugungsarbeit. Auf der anderen Seite scheint sich der Widerstand gegen die Immunisierung durch die Spritze verhärtet zu haben. Auch der klassisch entwickelte, proteinbasierte Impfstoff von Novavax habe nur wenige mRNA-skeptische Mitarbeiter zum Impfen bewegt, sagt Lohner. 30 ließen sich mit dem neuen Stoff impfen – nur etwas über fünf Prozent der Impfskeptiker.