Grummeln wegen Impfpflicht

von Redaktion

Droht wegen Regelung für Gesundheitsberufe Exodus von Mitarbeitern?

Rosenheim – Droht Seniorenheimen und Gesundheitseinrichtungen in der Region Rosenheim ein Exodus an Mitarbeitern? Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheitsberufen macht Arztpraxen, Seniorenheimen und Kliniken nicht nur Arbeit, es drohen auch Konsequenzen. In der Region geht die Zahl der Pflegekräfte, Sanitäter und medizinischen Fachangestellten, die mit Folgen für ihren Job rechnen müssen, in den vierstelligen Bereich.

Denn 2200 Beschäftigte können oder wollen keine ausreichende Immunisierung nachweisen. Nach Auskunft der Agentur für Arbeit sind rund 17200 Menschen in Stadt und Landkreis im Gesundheitssektor beschäftigt. Damit liegt der Anteil der Mitarbeiter in Gesundheitsberufen, die Post vom Staatlichen Gesundheitsamt Rosenheim erhalten haben oder demnächst im Briefkasten vorfinden, bei beachtlichen 13 Prozent. Die Zahlen teilte das Gesundheitsamt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit.

Gefährlicher
Aderlass droht

Bei den Beschäftigten, mit denen sich das Gesundheitsamt in diesen Wochen in Verbindung setzt, handelt es sich in den meisten Fällen um Ungeimpfte – sie machen rund 90 Prozent aus. Bei zwei Prozent bestanden nach Auskunft des Gesundheitsamts Zweifel an der Echtheit des Nachweises. Bei weiteren acht Prozent hatte ein früher vorgelegter Nachweis mittlerweile seine Gültigkeit verloren.

Angeschrieben worden seien bislang die meisten säumigen Mitarbeiter in Krankenhäusern und Heimen, berichtet Behördensprecherin Ina Krug. Ende April und Anfang Mai folgen die Benachrichtigungen an die Adresse von Praxis-Mitarbeitern. Wer diese Post erhält, hat noch eine Frist von vier Wochen, ein Impfdokument, den Nachweis oder eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, dass medizinische Gründe gegen die Impfung sprechen. Wer danach zaudert, soll die Einladung zu einem Informationsgespräch erhalten, heißt es aus dem Gesundheitsamt. Am Ende drohen Sanktionen: von der Geldstrafe bis hin zum faktischen Berufsverbot.

Die Entscheidung liegt beim Gesundheitsamt. Sprecherin Ina Krug dazu: „Selbstverständlich wird das Rosenheimer Gesundheitsamt – dort wo es möglich ist – sein Ermessen ausüben und bei der Ermessensentscheidung eine Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls vornehmen.“

Die Zahl dieser zu prüfenden Einzelfälle fällt von Bereich zu Bereich unterschiedlich aus. Denn während zum Beispiel der Schön-Klinik-Verbund eine Impfquote von 95 Prozent meldet – dazu kommen auch noch Genesene –, liegen manche Pflegeheime nur bei etwas über 80 Prozent.

Allgemein aber ist das anhaltende Grummeln über diese Form der Impfpflicht. „Das ist eine insgesamt blöde Situation“, sagt etwa Henning Löffler, Leiter des Caritas-Seniorenheims in Rosenheim, der sehr für eine allgemeine Impfpflicht plädiert. „Erst werden Pflegekräfte als Helden der Nation gefeiert, dann passiert nichts, und dann wird noch die Impfpflicht oben draufgesetzt.“ Auch Romed-Chef Dr. Jens Deerberg-Wittram warnt vor der stigmatisierenden Wirkung dieser berufsbezogenen Impfvorgabe.

Abfragen bindet
Arbeitskraft

Ebenfalls ein Ärgernis: Das Abfragen des Impf- oder Genesenen-Status bindet Arbeitskraft. Heimleiter wie Michael Koller vom „Haus der Betreuung und Pflege am Wendelstein“ in Kolbermoor sprechen von hohem Aufwand.

Es kommen Sorgen ums Personal dazu. Sieben der 62 Mitarbeiter von Michael Koller sind vom Gesundheitsamt kontaktiert worden. Sollten die nicht mehr arbeiten dürfen, „hätten wir ein Problem“. So könnte die einrichtungsbezogene Impfpflicht die Personalknappheit verschärfen. Sanktionen mag sich auch Gregor Kumberger vom Haus Lohholz in Kolbermoor lieber gar nicht vorstellen. Es könnte schwierig werden, den Betrieb aufrechtzuerhalten, sagt er.

Nach Angaben der Agentur für Arbeit in Rosenheim waren von Dezember 2021 bis März 2022 insgesamt 430 Beschäftigte aus Stadt und Landkreis Rosenheim arbeitssuchend gemeldet. Das sind knapp 250 mehr als im selben Zeitraum vor der Pandemie. Die Behörde will dafür aber nicht allein die Impfpflicht verantwortlich machen. So nennt Sprecherin Silke Stichaner Angst vor einer Corona-Ansteckung als möglichen Grund. Es könne aber natürlich auch sein, dass „einfach die Grenzen der Belastbarkeit erreicht sind“.

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