Unfall mit Wolf lässt aufhorchen

von Redaktion

Überfahrenes Tier heizt Spekulationen um Gründe für Kuh-Drama in Schleching an

Schleching – Aus Sicht vieler Landwirte ist in der vergangenen Woche nun genau der Fall eingetreten, den sie befürchtet hatten: Kühe haben sich auf einer Alm so erschreckt, dass sie in ihrer Panik eine Wand hinabgestürzt sind (wir berichteten). Zwar ist nicht bestätigt, dass ein Wolf der Grund für das Verhalten der Tiere sein soll. Jedoch sind sich viele Landwirte dessen sicher, nachdem ein Wolf in der Nacht auf Sonntag von einem Autofahrer in Bischofswiesen (Landkreis Berchtesgadener Land) getötet worden war. Die Polizei weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass es sich bei dem getöteten Tier nach ersten Erkenntnissen eines hinzugezogenen Jägers mit ziemlicher Gewissheit um einen Wolf handeln soll.

Lange Strecken
nicht ungewöhnlich

Nach Informationen der OVB-Heimatzeitungen geht auch das Landesamt für Umwelt (LfU) inzwischen davon aus, dass es sich bei dem getöteten Tier in Bischofswiesen um einen Wolf handelt, auch wenn der genetische Nachweis noch nicht vorliegt. Stefan Koehler, Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes, nimmt an, dass es sich um dasselbe Tier handelt. Ungewöhnlich wäre es nicht, wenn der Wolf zwischen Mittwoch und Samstag die Strecke zwischen Schleching und Bischofswiesen zurückgelegt hätte. GW2425m, der sogenannte Problemwolf, der nach Rissen im Winter den Chiemgau in Atem gehalten hatte, war in wenigen Wochen vom Ötztal über den Chiemgau nach Tschechien gewandert. Dort wurde das Tier dann, wie berichtet, von einem Auto überfahren.

Im Fall Schleching ist keine Überprüfung möglich, was die Tiere so aufgescheucht hat. „Dass es ein Wolf war, kann man nicht nachweisen“, sagt Hannes Hörterer, dem die neun verunglückten Tiere in Schleching gehören. Schließlich hinterlässt ein Wolf lediglich bei Rissen verwertbares Genmaterial. Auch ein Foto liegt in Schleching nicht vor.

Ist ein Hund
verantwortlich?

Bereits im September 2021 waren dort Tiere gerissen worden. Nach der genetischen Auswertung des LfU soll es jedoch ein Hund gewesen sein und kein Wolf – ein Ergebnis, das bei den Landwirten in der Region zu großem Unmut und massiven Zweifeln geführt hatte. Auch ein Tiermediziner hatte dies für unwahrscheinlich gehalten. Seit diesen Fällen ist das Vertrauen vieler Landwirte in die Experten des LfU erschüttert, sie nehmen bei Verdachtsfällen auf eigene Kosten B-Proben der DNA und lassen diese analysieren.

Nach Informationen unserer Zeitung soll in Schleching schon seit längerer Zeit ein großer Hund immer wieder streunen. Kann er die Tiere aufgescheucht haben? „Ich glaube nicht, dass ein Hund, der vielleicht noch zu Hause gefüttert wird, auf eine Alm geht und die Tiere so aufschreckt. Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen“, sagt Bauernvertreter Stefan Koehler.

Wolfsnachweise digital

Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) veröffentlicht auf seiner Homepage Nachweise von Wölfen, jedoch nur, wenn diese offiziell nachgewiesen sind. Zum Ärger des Schlechinger Landwirts Hannes Hörterer: „Wir kriegen ja gar nicht mit, wenn es Wolfssichtungen in unserer Region gibt.“ Er würde sich wünschen, dass den Bauern alle Verdachtsfälle zur Verfügung gestellt werden. Hörterer und viele seiner Kollegen haben sich deshalb in einer großen Whatsapp-Chatgruppe zusammengeschlossen, in der sie solche Informationen teilen.Tirol bietet seit Mai 2020 eine App an, in der Wolfssichtungen- und risse in einer Karte angezeigt werden. Allerdings nur solche, die von offizieller Seite bestätigt werden. Wobei die App auch zeigt, wenn ein Vorfall noch „in Abklärung“ ist. „Bei Nutztierrissen werden auch Verdachtsfälle bis zum Vorliegen der Ergebnisse der genetischen Untersuchung angeführt, bei Wildtierrissen Fälle, bei denen die Beteiligung eines Großraubtiers genetisch bestätigt ist“, erklärt Sprecherin Bettina Sax.

Auch im Land Salzburg wird online eine Karte mit vergleichbaren Informationen zur Verfügung gestellt.

In beiden Bundesländern in Österreich ist es aber vergleichbar ruhig. „Bislang wurden in Tirol im Jahr 2022 vier verschiedene Wolfsindividuen in Tirol nachgewiesen“, so Sax. Drei davon seien männlich, einer weiblich. Derzeit liegen der Behörde keine Hinweise auf eine Rudelbildung vor. Eine ähnliche Situation in Salzburg: „Wir haben zwar immer wieder Meldungen, aber bislang konnten wir keinen Wolf nachweisen, sagt Hubert Stock, Wolfsbeauftragter des Bundeslandes. hgy

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