Traunstein/Rosenheim – Über einen Kontakt bei den Hells Angels kam ein Rosenheimer seit 2021 an jede Menge Kokain und Cannabis. Vor dem Landgericht Traunstein wurde der Rosenheimer jetzt unter dem Vorsitz von Richterin Christina Braune zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem wird auch der Einzug eines sogenannten Wertersatzes angeordnet. Der Angeklagte muss insgesamt 16690 Euro für seine Taten bezahlen. Diese Summe entspricht in etwa dem Umsatz, den er mit dem Verkauf von Betäubungsmitteln erzielt haben soll.
Am zweiten Prozesstag hatte das Gericht einige Zeugen geladen. So sagte zunächst die ehemalige Vermieterin des Angeklagten aus. Sie hatte mit dem 33-Jährigen gemeinsam in Rosenheim gewohnt – sie selbst im Dachgeschoss eines Hauses, der Angeklagte im ersten Obergeschoss. Das Erdgeschoss wurde gemeinsam genutzt.
„Von einem Verkauf oder so was habe ich nichts mitbekommen“, so die Zeugin zu Anfang. Dann erinnert sie sich doch: In der Speisekammer, einem kleinen Nebenraum der gemeinsam genutzten Küche, habe sie einmal etwas weißes Pulver auf einem Teller bemerkt. Dabei habe es sich nach Ansicht der Zeugin um Drogen handeln können – sicher sei sie dabei allerdings nicht.
Viele Zeugen
bleiben fern
Die Abnehmer des Angeklagten, die ebenfalls geladen waren, machen sich hingegen rar – mit ganz unterschiedlichen Begründungen: Ein Zeuge, der wohl Kokain beim Angeklagten gekauft hatte, befände sich aktuell in Österreich in Haft, so die Richterin weiter. Eine Vorführung könne somit leider nicht erfolgen. Ein zweiter Zeuge gab an, positiv auf Corona getestet worden zu sein. Und auch ein dritter Mann aus Rosenheim gab „gesundheitliche Gründe“ als Absage für die Ladung vor Gericht an. Ein vierter Zeuge ließ „wichtige Arbeitstermine“ als Grund für sein Nichterscheinen über seinen Vater anführen. Ein 20-Jähriger aus Bad Aibling erscheint dagegen vor Gericht. Er habe den Angeklagten bei einer Party kennengelernt. Und sei auch im Haus des Angeklagten „für einen Besuch“ gewesen. Dort habe er aber lediglich das Erdgeschoss betreten. Ein letzter Zeuge wird von zwei Polizisten vorgeführt. Er sitzt seit Dezember 2021 in Haft. „Das ist alles so lange her“, reagiert der Zeuge etwas entnervt auf die Fragen der Kammer zu den Vorgängen im vergangenen Jahr. Er könne sich an nichts erinnern.
In seinem Plädoyer sieht der Staatsanwalt die in der Anklageschrift festgehaltenen Vorwürfe als vollständig erwiesen an. Der Angeklagte habe große Mengen Betäubungsmittel über die Nähe zu den Hells Angels bezogen und auch mit der Absicht, selbst Gewinn zu machen, verkauft. Sein Telegram-Kanal „Apotheker Daddy“ sei dabei von zentraler Bedeutung gewesen. Sowohl die Mengen, als auch die Absicht des Verkaufens habe der Angeklagte vor Gericht bestätigt. Entgegen den Behauptungen des 33-Jährigen spreche aber vor allem die straffe Organisation seines Handels.
Schussbereite
Gaspistole
„In Bezug auf die Waffe wird es aber absurd“, so der Staatsanwalt weiter und ging damit auf eine schussbereite Gaspistole ein, die bei dem Angeklagten sichergestellt worden war. Bewaffnetes Handeltreiben sehe eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor, so der Staatsanwalt, der eine Haftstrafe von acht Jahren für den 33-Jährigen forderte.
Rechtsanwalt Maximilian Hoh hielt in seinem Plädoyer dagegen: „Dreh- und Angelpunkt ist in der Tat die Schreckschusswaffe im ersten Stock, da gebe ich der Staatsanwaltschaft recht.“ Der Angeklagte habe die Waffe allerdings nur einmal angefasst – und zwar kurz nach der Anschaffung im Jahr 2018. „Er hatte sie gar nicht mehr auf dem Schirm, das halte ich für glaubwürdig.“
Die Motivation hinter den Taten des Angeklagten sei die Finanzierung seiner Sucht gewesen. „Er hat die Anklageschrift eingeräumt, da muss er keine weiteren Details nennen“, so Verteidiger Hoh weiter. Er fordert eine Gesamtstrafe von vier Jahren und sechs Monaten.
Eine Forderung, der letztlich auch das Gericht nachkam. „Der Sachverhalt hat sich weitestgehend bestätigt“, so Richterin Braune in ihrer mündlichen Urteilsbegründung. Das bewaffnete Handeltreiben hätte dem Angeklagten jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.