„Wissing endlich Beine machen“

von Redaktion

Sperren für Güter-Transit: Zustimmung und Kritik für Grünen-Vorstoß

Rosenheim – Es könnte so einfach sein: ein Schild aufstellen, und kein auswärtiger Laster darf mehr übers Land schleichen und das Inntal verstänkern. Warum eigentlich nicht?, fragte kürzlich der Grünen-Bundestagsabgeordnete Karl Bär in einem Schreiben an das Innen- und das Verkehrsministerium des Freistaats sowie Landrat Otto Lederer (CSU).

Bär wurde im Wahlkreis Tölz-Miesbach gewählt, ist aber „Betreuungsabgeordneter“ der Grünen für die Region Rosenheim. Als gebürtiger Tegernseer ist er mit Durchfahrtsverboten für Güter-Transit vertraut. Sein Fazit: „Es funktioniert gut.“ Sein Vorschlag: Man soll auch in Teilen der Region die Straßen für den Schwerverkehr sperren und nur lokalen Lieferverkehr zulassen.

Staus abzukürzen
soll erschwert werden

Alle anderen auswärtigen Lkw müssten auf der Autobahn bleiben und hätten damit keine Möglichkeit mehr, die durch Blockabfertigung entstandenen Staus mit Fahrten über Land abzukürzen. Bär erhält für seinen Brief Zustimmung und Kritik. Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig begrüßt den Vorstoß, meldet aber Urheberrecht an: „Es freut mich, dass Kollege Bär unsere Idee nun auch befürwortet.“

Auf der Suche
nach Schlupflöchern

Auch Bürgermeister aus dem Inntal könnten sich für eine Sperrung erwärmen. Einen Versuch wäre es wert“, sagt etwa Raublings Rathauschef Olaf Kalsperger, wenngleich er findet: Im Tegernseer Tal sei es einfacher – da gelte es nur eine Straße zu sperren. Er plädiert für flächendeckende Absperrungen. Weil sonst Autobahnflüchtlinge wieder Schlupflöcher finden und dann erneut übers Land rollen würden.

Grundsätzlich vorstellen kann sich ein Transit-Verbot Brannenburgs Bürgermeister Mathias Jokisch. Allerdings würde er es nicht auf das Inntal beschränken. „An der Ausfahrt Bad Aibling, da müsste das Verbotsschild schon stehen.“ Denn schon dort biegen viele Lkw-Fahrer auf der Flucht vorm Stau ab.

Flintsbachs Bürgermeister Stefan Lederwascher schüttelt den Kopf: „Wir sind doch nicht auf der ,Brennsuppn‘ dahergeschwommen.“ Die Bürgermeister der Region, das betont er, suchten schon länger nach einer Lösung, Verbote seien schon diskutiert und gefordert worden – allerdings ohne Erfolg. Den erhoffen sich die betroffenen Gemeinden nun von einem Gutachten (wir berichteten). Die für Neubeuern und Nußdorf erarbeitete Stellungnahme wird heute, Mittwoch, in der Beurer Halle in Neubeuern vorgestellt. Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer erhofft sich davon Schützenhilfe: „Mit dem Gutachten können wir rechtlich argumentieren.“ Schließlich weise es aus, dass an Blockabfertigungstagen 65 Prozent mehr Verkehr zu registrieren sind. „Und das ist noch die untere Marke“, sagt Grandauer. Auch die Gemeinden westlich des Inns haben Gutachten über die Verkehrsbelastung in Auftrag gegeben.

Originär eine
Aufgabe des Bundes

Landrat Lederer sieht in der Beschränkung so etwas wie eine kosmetische Korrektur. Bei der Blockabfertigung handele es sich um einen Konflikt zwischen Deutschland und Österreich, „damit ist es die originäre Aufgabe des Bundes diesen Konflikt zu lösen“. Bär solle sich als Bundestagsabgeordneter „mit aller Kraft aktiv für eine Lösung dieses Konfliktes“ einsetzen.

Das sagt auch Ludwig. Bär solle Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) „endlich Beine machen“. Denn „der beantwortet weder Briefe, noch hat er meine an ihn ausgesprochene Einladung in die Region angenommen“, schimpft sie. „Bisher fühlen wir uns hier vor Ort von der Ampel im Stich gelassen.“

Auch Karl Bär sieht eine Transitbeschränkung als Übergangslösung. Ohne Blockabfertigung gäb es für eine solche Sperre keinen Bedarf, sagt er auf Nachfrage. Daran müsse man arbeiten, betont er. „Dass wir dazu eine große Lösung brauchen, liegt auf der Hand.“ Nun wartet er auf Gegenvorschläge – auch aus bayerischem Verkehrs- und Innenministerium. Aus beiden Häusern heißt es, man arbeite an einem Antwortschreiben.

Auch Bad Feilnbach und Bad Aibling stecken in der Stau-Falle

Stets ist von den Gemeinden im Inntal die Rede, wenn es um Blockabfertigung und die damit verbundenen Staus auch durch Ausweichverkehr geht. Das Problem beginnt jedoch schon weiter westlich, in Bad Aibling und in Bad Feilnbach. Nun habe sich Bad Feilnbach mit Brannenburg, Raubling und Flintsbach für ein Verkehrsgutachten zusammengetan. „Die Messungen laufen derzeit“, sagt Bürgermeister Anton Wallner. „Die Ergebnisse erwarten wir in diesen Tagen.“ In seinen Augen wäre es dringend geboten, den Schwerlastverkehr ab 7,5 Tonnen an Blockabfertigungstagen nicht mehr an der Ausfahrt Bad Feilnbach abfahren zu lassen. Das sieht der Bad Aiblinger Bürgermeister Stephan Schlier genauso. Er will die rechtliche Situation auf europäischer Ebene geklärt wissen. Und eine rechtliche Grundlage schaffen lassen, damit das Landratsamt endlich die Durchfahrt durch die Dörfer für den Schwerlastverkehr sperren kann. Wenn auch nicht so schwer betroffen wie andere Gemeinden, so sei man doch mit dem Inntal solidarisch.

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