Ebersberg/Tuntenhausen – Die Pläne der Bahn für den Brenner-Nordzulauf durch den Landkreis Ebersberg stehen fest: Mit Variante Limone sind zwei neue Gleise auf der grünen Wiese geplant. Die Verfechter des Trassen-Ausbaus am Bestand sind entsetzt.
Die Absage der Deutschen Bahn an die Bürgertrasse hätte kaum deutlicher ausfallen können. Thema Lärm und Erschütterung: „Variante Türkis liegt in beiden Bereichen auf dem letzten Platz.“ Statt an den im Landkreis beliebten Bürger-Vorschlag hält sich der Konzern nun an seine Variante „Limone“ – nun, da es ans weitere Planen zweier neuer Gleise durch den Landkreis Ebersberg geht. Sie ist aus den eingangs fünf Vorschlägen von der Grob- zur Auswahltrasse zwischen Ostermünchen und Grafing-Bahnhof aufgestiegen, das gab die Bahn am Mittwoch bekannt.
Lärmschutz
höchsten Grades
Eine Entscheidung, die auch die Gemeinde Tuntenhausen betrifft, allerdings wohl nicht so hart wie befürchtet. Die OVB-Heimatzeitungen erreichten Bürgermeister Georg Weigl telefonisch auf dem Weg zum Bürgerforum in Ebersberg, wo er sich mit anderen Trassenanrainern über die Planungen der Bahn austauschen wollte. „Es sind relativ wenig Menschen von dieser Trasse betroffen“, sagte er in einer ersten Reaktion. Hohenthann und Thal seien zwar in der Nähe der Trasse, Anwohner hätten Befürchtungen wegen des Lärms. „Aber es gibt ja Lärmschutz höchsten Grades. Da mache ich mir weniger Gedanken.“
Wenig überraschend sind die Planer voll des Lobes für die Strecke: „Variante Limone ist nicht die günstigste, aber die ausgewogenste Trasse“, wird Matthias Neumaier, DB-Gesamtprojektleiter, in einer entsprechenden Mitteilung zitiert. Die Auswahltrasse Limone bedeutet der Bahn zufolge die „geringsten Auswirkungen für Mensch und Umwelt“.
Weder verlaufe sie durch geschlossene Siedlungen, noch greife sie in existierende Wohnbebauung ein. „Die Strecke liegt in weiten Abschnitten niedriger als das Gelände und ist aus Fußgängerperspektive nicht sichtbar“, so die DB weiter. Das wirke sich auch positiv auf den Lärm aus, bei dem „Limone“ unter den fünf Grobtrassen am besten abgeschnitten habe.
Tunnel und Einschnitte sollen zudem das Landschaftsbild schonen. Allerdings ist der komplett unterirdische Anteil der 15,7 Kilometer langen Strecke überschaubar: Lediglich an den Aßlinger Ortsteilen Obereichhofen und Pfadendorf vorbei ist zwischen Lorenzenberg und Hamberg (Gemeinde Bruck) der „Salachtunnel“ mit 1,57 Kilometern Länge geplant.
Stark betroffen sind von der Auswahltrasse Orte wie Niclasreuth bei Aßling, das die Strecke „Limone“ oberirdisch dicht passiert. Auch am nahen Dorfen und Lorenzenberg sollen die Gleise von Süden kommend eng vorbeiführen, bevor sie in den einzigen Tunnel auf der Strecke abtauchen.
Das zeigen die Entwurfsplanungen, genau wie zwei Brückenbauwerke: Eines in der Filze südlich von Aßling, 990 Meter lang, und eine 130 Meter lange Brücke bei Niclasreuth. Bei Schammach (Grafing) schwenkt die dann frei verlaufende Neubau-Trasse wieder auf die bestehenden Gleise ein.
Für die Anlieger besonders in den bereits genannten Orten in den Gemeinden Aßling und Bruck, aber auch in den Grafinger Ortsteilen Eisendorf und Oberelkofen mitsamt dem dortigen Golfclub dürfte die Nachricht von der Vorzugstrasse Limone für Entsetzen sorgen. Nicht nur werden in der Gegend gewaltige Erdarbeiten fällig – auch zeichnet sich die befürchtete „Verinselung“ für die Ortschaften ab, die nach dem Bau, so er denn so entsteht, zwischen der oberirdischen Bestands- und der weitgehend oberirdischen Neubautrasse liegen werden. Entsprechend regt sich schon am Tag der Bekanntgabe wütender Protest aus der Region – die Mehrheit der Entscheidungsträger aus dem Landkreis Ebersberg äußert sich bestürzt über die Trassen-Auswahl der Bahn (siehe Kasten). Für den Anrainer-Ort Aßling bedeutet das, dass er einer Mega-Baustelle und zwei neuen Gleisen durch den Ort entkommt. Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass es dafür auch keine Verbesserungen beim Lärmschutz für die bahngeplagten Anrainer gibt.
Infomärkte
vor Ort geplant
Die Bahn hat versprochen, ihren Entscheidungsprozess transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren. Dazu finden demnächst drei „Infomärkte“ vor Ort statt, wo sich die Planer jeweils von 16 bis 20 Uhr den Bürgerfragen stellen: Am Dienstag, 19. Juli, am Kirchenplatz 1 in Grafing; am Mittwoch, 20. Juli, am Kirchplatz 1 in Aßling und am Donnerstag, 21. Juli, beim Landgasthof Wallner in Tuntenhausen (Kreis Rosenheim). Online stellt die Bahn auf brennernordzulauf.eu weiteres Material bereit. Georg Weigl hofft nun darauf, dass der Bahnhof in Ostermünchen erhalten bleibt. Und dass die Bahn doch mit einer Untertunnelung des Inns bei Stephanskirchen plant. „Wir würden das sehr begrüßen, weil dann die Strecke wegen der Topografie bis Ostermünchen untertunnelt verlaufen würde.“ Kosten sollten nicht die entscheidende Rolle spielen, nicht dann jedenfalls, wenn es um den Schutz von Natur und Bürgern gehe.