Rosenheim – Rosenheim ist nicht weit entfernt von München. Das beweist der Blick auf die Landkarte. Wirklich weit weg ist Rosenheim aber auch von Hamburg nicht. Das zeigt der Blick auf einen Immobilien-Atlas: In einer Kategorie kommt Rosenheim der schicken Hansestadt ganz schön nahe. Wer kann sich hier eigentlich noch Wohneigentum leisten?
Für junge Arbeitnehmer stellt sich die Frage in der Region Rosenheim oft. Der Job ist attraktiv, die Landschaft wunderbar, man hat noch viel vor im Leben. Und dann die Weichenstellung: Mieten oder doch kaufen? Einen Fingerzeig gibt der Postbank-Wohnatlas für Eigentumswohnungen, erstellt vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut.
Kauf kann
sich lohnen
Ein Kauf kann sich trotz der stolzen Preise lohnen, meint der Rosenheimer Makler Stefan Grandauer. „Die Gegend hier ist attraktiv, wegen der Berge hat sie einen hohen Freizeitwert.“ Und die Gegend ist nicht nur schön, sie ist auch noch günstig gelegen, zwischen Salzburg, Innsbruck und München.
Wenn man „familiär begünstigt“ sei, dann helfe das allerdings sehr, sagt der Rosenheimer Unternehmer Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Bezirks Rosenheim. Denn allein mit dem Gehalt könnten Angestellte einen Immobilienkauf kaum stemmen.
Wenn man dann kauft, dann nicht unbedingt für sich, sondern auch zur Kapitalanlage. Ob für die eigene Nutzung oder zum Vermieten – „eine Wohnung in der Region ist für beides super“, sagt Alexander Hoh vom Immobilien-Unternehmen Chiemgau Residenzen. Eben weil die Gegend so beliebt sei, könne man als Vermieter von der Nachfrage profitieren. „Wir haben eine unheimlich hohe Ärztedichte“, sagt er, „überhaupt leben in Rosenheim viele gut verdienende Menschen.“
Allerdings, das sagt auch er, sei der Erwerb von Immobilien nicht nur ans Einkommen gekoppelt. Man solle besser schon auch gut geerbt haben. Ansonsten? „Hat man auch als Gutverdiener relativ schlechte Karten“, sagt Hoh. Und die Preise werden noch weiter nach oben gehen, glaubt er. Allein schon wegen des anhaltenden Zuzugs in die nahe Landeshauptstadt.
Ob zum Eigentum oder zur Miete: Die Preise in der Region Rosenheim sind auf hohem Niveau – schon weil München nicht weit weg ist. Aber eben weit genug, um dann doch einen riesigen Unterschied auszumachen.
In der Stadt Rosenheim zahlen die Menschen im Schnitt 19,4 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Miete einer durchschnittlichen 70-Quadratmeter-Wohnung. Im vergangenen Jahr waren es noch 19,1 Prozent. Während die Menschen in der Region Rosenheim also fast jeden fünften Euro nach Steuer fürs Dach überm Kopf hinlegen, ist es in München mehr als jeder vierte: 26,8 Prozent ihres verfügbaren Einkommens zahlen dort im Schnitt die Menschen im vergangenen Jahr fürs Dach überm Kopf. Damit sind die Münchner Spitze in Deutschland, sie liegen dem bayerischem Schnitt von 14,8 Prozent.
Heftig sind die Zahlen für die auf Kredit gekaufte Immobilie. Wieder orientiert sich der Atlas an einer durchschnittlichen 70 Quadratmeter-Wohnung.
In Rosenheim Stadt zahlen Durchschnittsverdiener 27,5 Prozent des verfügbaren Einkommens für Zins und Tilgung, im Jahr 2020 waren es noch 25,5 Prozent. 24 Prozent sind es im Landkreis, 21,4 waren es 2020. Astronomische 44 Prozent ihres höheren durchschnittlichen Einkommens zahlen Immobilienkäufer dagegen in München. Trotzdem – im deutschen Vergleich zahlen auch die Menschen in der Region Rosenheim kräftig für ihr Wohneigentum: In über hundert Landkreisen in Deutschland muss man für Wohneigentum nur wenig mehr als ein Zehntel seines verfügbaren Einkommens drangeben. Da kann man dann tatsächlich genauso gut Zins und Tilgung zahlen wie Miete.
Homeoffice
nicht in der Region
Und das ist dann auch einer der Faktoren, die Stadt und Landkreis Rosenheim in die Nähe von Hamburg rücken: Wer eine Wohnung zur Rendite kauft, orientiert sich am Verhältnis zwischen Jahres-Kaltmiete und Kaufpreis.
Die Höhe des sogenannten „Vervielfältigers“ weist die Rendite aus: Je höher die Zahl, desto höher die Anzahl der Jahresmieten, die man für den Kauf hinblättern muss. Und desto schlechter die Rendite. Keine Großstadt ist da so schwach wie Hamburg. Und Rosenheim ist mit der ebenfalls hohen Rate von 37 – eine der höchsten für eine Gemeinde, die keine Großstadt ist – ist der Hansestadt da dicht auf den Fersen.
Aber das betrifft die Menschen, die sich die Kaufpreise überhaupt leisten können. Die hohen Kosten fürs Wohnen in der Region stressen die Menschen – und die Wirtschaft. Die hohen Mieten „sind für uns Arbeitgeber überall ein Thema“, sagt der Rosenheimer Unternehmer Andreas Bensegger. „Bei manchen Firmen in der Region treibt das schon Blüten“, sagt er. Da arbeiteten viele Mitarbeiter im Homeoffice. Und das steht dann nicht selten irgendwo im Mitteldeutschland, dort, wo die Preise noch niedriger sind. „In der Region waren die vielleicht zum Unterschreiben des Arbeitsvertrages“, sagt Bensegger.