Rosenheim – „Die Quellen laufen noch“, meldet Kreisbäuerin Katharina Kern per Mobiltelefon von der Alm. Sorgen müsse man sich keine machen. Die Hitze sei einerseits „extrem“, auch sei zu beobachten, dass der Ahorn drei Wochen früher beginne, seine Blätter abzuwerfen. Aber es sei noch nicht so dramatisch wie in anderen Jahren, dass mancherorts das Getreide verdorre. Die Tierhalter müssten eben darauf schauen, dass Kuh und Co. genügend Wasser und Schatten abbekämen. Im Trend: Duschen fürs Vieh in modernen Laufställen. „Das empfinden die Kühe als sehr angenehm“, sagt Kern.
Wasserstände
sind stark gesunken
Von einer Abkühlung können andere Tiere nur träumen. Mittlerweile seien Wasserstände stark abgesunken, sagt Jonas Garschhammer, am Landratsamt für Naturschutz und Biodiversität zuständig. „Wasserinsekten wie Libellenlarven verenden in solchen langen Trockenperioden. Auch den Fröschen und Molchen geht es entsprechend schlecht.“
Aber auch er sagt: Ein solches Jahr sei noch kein großes Problem. Die Natur sei auf derlei eingestellt. „Wenn wir aber in den nächsten Jahren weiterhin solche Trockenperioden haben, dann schaut es für viele Tiere und Pflanzen düster aus.“
Gute Ernten
für Landwirte?
Gelassen klingt Josef Steingraber vom Bauernverband. Die Landwirtschaft erwarte gute Ernten, Einbußen seien nur bei der Wintergerste zu erwarten. Anders, das weiß er auch, als etwa in Nordbayern. „Wir hier in der Region Rosenheim leben wirklich in einer absoluten Gunstlage.“
Das bestätigen im Wesentlichen Beobachtungen von Dr. Tobias Hafner, Leiter des Wasserwirtschaftsamts in Rosenheim. Der Grundwasserstand sei mancherorts niedrig, er habe sich aber durch die Niederschläge zuletzt ein wenig entspannt. So arg wie nördlich der Donau sei es im südöstlichen Oberbayern nicht. Was Hafner nachdenklich macht, sind die „kleinen Höchst- und Niedrigstände“. Erst kürzlich sei an der Mangfall bei Feldolling eine Wassertemperatur von 20 Grad gemessen worden – „das hatten wir so noch nicht“, sagt er.
Die heißen Sommer fügen sich in einen Trend, den er nun schon über 20 Jahre hinweg verfolgt. „In dieser Zeitspanne hatten wir Jahre mit Normalniederschlag und Jahre mit zu wenig Niederschlag“, sagt er. „Was wir nicht mehr hatten, waren die Jahre mit überdurchschnittlich viel Niederschlag.“ Die bräuchte es aber, um über die lange Strecke vieler Jahre das Wasserdefizit auszugleichen. In derselben Zeit sei aber durch die hohen Temperaturen erheblich mehr Wasser verdunstet – so verschärfe sich das Wasser-Defizit.
Jonas Garschhammer spricht ebenfalls von einem mindestens 20 Jahre alten Trend. Und er warnt: „Wenn Moore durch Entwässerung oder Nährstoffeinträge eh schon beeinträchtigt sind, dann wirkt die Trockenheit wie ein Brandbeschleuniger.“ Die typischen Moorpflanzen verschwinden dann. Tiere könnten folgen. Schon heute stürben etwa Moorfalter im Landkreis lokal aus.
Mit dem Klimawandel müssen sich auch Waldbesitzer und Forstbetriebe beschäftigen. „Es wird alles extremer“, stellt Thiemo Steuer vom Forstbetrieb Ruhpolding fest. Um den Wald auf den Klimawandel vorzubereiten, müsse man sich bestmöglich aufstellen – etwa durch eine Bewirtschaftung mit mindestens vier verschiedenen Baumarten. Bedroht ist vor allem die Fichte – vor lauter Stress bestäubten die Bäume heuer im Frühjahr die Region Rosenheim dick mit gelbem Blütenstaub.
„Die Fichte benötigt eben besonders viel Wasser“, sagt Steuer. Dem Wald setzt aber nicht nur der Mangel an Regen zu. Verschiedene Faktoren kommen unheilvoll zusammen. Etwa Stürme im Frühjahr, denen Wärme folge. „Wir haben daher erhöhten Borkenkäferbefall“, sagt Steuer.
Eine Folge des Wetters, der man halbwegs Herr werden kann, wenn auch mit Kosten und viel Aufwand, betont wiederum Forstbetriebs-Serviceleiter Bernhard Kurz. „Wir haben die vergangenen Jahre ein intensives Borkenkäfer-Management betrieben.“ Dazu gehöre der Einschlag ebenso wie der Abtransport gegebenenfalls mit Hubschraubern. Schließlich ist der allergrößte Teil des Waldes, den der Betrieb betreut, Bergwald. Auch die Entrindung per Hand von durch den Wind gefällten Stämmen gehöre zu den Maßnahmen gegen den Schädling, sagt Kurz. Der Aufwand sei wichtig, sagt er. „Der Klimawandel vollzieht sich ohnehin zu schnell für den Wald.“
Was sollten Menschen tun, wenn die Sonne vom Himmel knallt? Schatten und ausreichend trinken, das raten die Ärzte. Und das tun auch die Tiere von Katharina Kern. „Die folgen ihrer Natur, suchen den Schutz der Bäume auf und ruhen sich aus.“ Anders als so viele Wanderer, die der Super-Sommer in die Voralpenregion gezogen hat. „Den Kühen geht im Gegensatz dazu halt auch jeder Ehrgeiz ab“, sagt Kern und lacht.