Rosenheim – „Wir hoffen das Beste“: Herbert Unterreiner faltet die Hände und blickt gen Decke, als hoffte er auf göttlichen Beistand. Am Schulamt begleitet er die Digitalisierung des Unterrichts in der Region Rosenheim. Er konnte beim Pressegespräch vor dem Start des Schuljahrs zwar von Vorfreude und Aufbruchsgefühlen nach zwei Pandemie-Jahren berichten, weiß aber auch um die Tücken des neuen Schuljahrs.
Lehrermangel, Ukrainekrieg, Energiekrise und Corona: Diese Faktoren sorgen für viele Unbekannte in der Rechnung, die das Staatliche Schulamt traditionell vorm Unterrichtsstart an Grund- und Mittelschulen aufmacht. „Wir haben das nicht völlig in der Hand“, sagt Schulamtsleiterin Angelika Elsner.
Schon in den vergangenen Jahren habe man von der Anpassungsfähigkeit der Lehrkräfte profitiert, sagte sie. Man helfe einander aus, „die Schulen sind gute Netzwerker“. Ihre guten Verbindungen untereinander sollten die Schulen weiter pflegen. Denn die Zeiten sind fordernd. 3,8 Prozent mehr Kinder und Jugendliche besuchen die Grund- und Mittelschulen im Landkreis (insgesamt 14.361), 5,4 Prozent mehr sogar sind es in der Stadt (3322).
Vor allem bei Erstklässlern gibt es einen Schub, mit zehn Prozent oder 55 Kindern mehr in der Stadt, 3,4 Prozent (85) mehr im Landkreis. Allerdings hat das Schulamt die Klassenzahlen erhöht, um jeweils über zehn Prozent, sodass die Klassenstärken vor allem bei den Grundschulen sinken. Dennoch bereitet den Verantwortlichen das Personal Sorgen. Man sei nicht üppig ausgestattet, sagte Angelika Elsner. Der Fachkräftemangel komme schließlich auch bei den Schulen an. Immerhin: Es steigt landesweit die Zahl der Studenten fürs Grundschul-Lehramt. Susanne Danzl berichtete: „Ich glaube, da sehen wir Licht am Ende des Tunnels.“
Die nächsten Jahre ist die Planung dennoch auf Kante genäht. „Es wird sich nicht radikal und schnell verbessern“, sagte Elsner. Das gilt vor allem für die Mittelschulen. Die Lage sei „weniger rosig“, sagte Unterreiner. Immerhin könne man Lücken dort mit dem gelegentlichen Einsatz von Grundschullehrern überbrücken. Insgesamt, so sagte Unterreiner, fielen lediglich 0,58 Prozent der Stunden aus.
Tests und Masken
sind freiwillig
Die einst an Schulen geltenden Regeln sind weitgehend Vergangenheit, Tests und Masken freiwillig. Dennoch: Corona ist noch da. Der Einfluss des Schulamts auf das Pandemie-Geschehen beschränkt sich auf gutes Zureden. Angelika Elsner etwa appelliert an Eltern, ihre Kinder vorm Start des Schuljahrs testen zu lassen.
Ähnlich wie beim Thema „Energiesicherheit“ will sich niemand aus der Runde festlegen. Auch nicht was Regelungen etwa zum Energiesparen betrifft. Man warte auf Vorgaben der Kultusministerkonferenz, sagt Elsner.
Was schon jetzt feststeht: Digitalisierung bleibt ein wichtiges Thema. Es sei „massiv investiert“ worden. Schulamtsdirektor Markus Kinzelmann stellte die „Bayern-Cloud Schule“ vor, Programme und Anwendungen vom Videokonferenzsystem über die Lernplattform bis hin zum Notenmanager. Das seien ursprünglich lauter einzelne und verstreute Tools gewesen, „die jetzt alle an einem Platz zu finden sind“, sagt Kinzelmann.
Das Schulsystem kümmert sich weiterhin um viele Geflüchtete aus der Ukraine. Vor allem Frauen, Kinder und junge Jugendliche machten sich in den Kriegsgebieten auf den Weg. Kinder im Grundschulalter kommen in den Regelklassen unter, sie lernen vergleichsweise schnell auch Deutsch.
Die älteren Kinder ab der fünften Jahrgangsstufe kommen in sogenannte Brückenklassen. In der Region seien das etwa 300 Mädchen und Jungen. „Die Erfahrungen sind gut“, sagte Kinzelmann. Auch der Umstand, dass viele Ukrainer nur kurz in der Region verweilten und bald in ihre Heimat zurückkehrten, habe keine negativen Auswirkungen: „Die Fluktuation beeinträchtigt den Unterricht nicht.“
Michael Weiser