Gegen Kommerz und Remmidemmi

von Redaktion

Bund Naturschutz will mit Klage Ausbau der Kampenwandseilbahn verhindern

Aschau – „Die Alpen sind bedroht“, eröffnet Richard Mergner, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz, die Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch. In ihr führt der Bund Naturschutz zusammen mit der Bürgerinitiative „Rettet die Kampenwand“ (BI) die Klagegründe gegen den geplanten Ausbau der Kampenwandseilbahn aus. Dabei bezieht sich die Klage auf sechs zentrale Aspekte, die sich unter anderem um den Artenschutz, den Eingriff in den Schutzwald sowie die Kapazitätserweiterung und die Sonderfahrten drehen.

„Ausverkauf
unserer Berge“

„Der geplante Neubau der Kampenwandbahn treibt den Ausverkauf unserer Berge zugunsten von Kommerz und Remmidemmi weiter voran“, sagt Mergner. Es werde mit Erlebniskabinen, Brunch-Veranstaltungen, Feierlichkeiten auf dem Berg, die nächtliche Sonderfahrten zur Folge haben, geworben. Dabei fordere der BN zusammen mit der BI nicht den Abriss der Bahn, es gehe vielmehr um die angedachte Erweiterung, betont der Landesvorsitzende.

Appell an
Ministerin Kaniber

Mergner appelliert an Michaela Kaniber, bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sich hinter die Belange des Waldes zu stellen. „Es wird eine Nagelprobe sein, ob man es mit dem Bergwaldschutz und Birkhuhnschutz ernst meint“, so der Landesvorsitzende.

Ein weiterer Appell geht an Hubert Aiwanger, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Er solle die Förderrichtlinien von Seilbahnen überarbeiten. Nach Auffassung des Bund Naturschutz würden hier Steuergelder falsch investiert. Geschäftsführer Eric Zbil bezieht auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen zu den Klagepunkten Stellung und betont, dass der „traditionelle Charakter der Kampenwandbahn“ erhalten bleiben soll. „Es muss, wie bei jeder technischen Einrichtung, auch bei der Kampenwandseilbahn erlaubt sein, diese nach sechs Jahrzehnten bewährten Betriebes in dem geplanten, höchst überschaubaren Maße zu erneuern und anzupassen, um sie dauerhaft auf dem technischen Stand zu halten“, erklärt Zbil. Für den Ausbau müssten zwar Bäume gefällt werden, die Wurzeln blieben jedoch im Boden und die Schutzwirkung bleibe somit erhalten. Der Kahlschlag sei außerdem nicht von Dauer.

Rechtsanwältin Lisa Eberlein, Meisterernst Rechtsanwälte, erläutert die weiteren juristischen Details der Klage des Bund Naturschutz. Dabei bezieht sich Eberlein unter anderem auf die Materialseilbahn. „Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat seine Bescheide über die Erlaubnis für einen Kahlhieb auf Naturwaldflächen für die Materialseilbahn, die für die Umsetzung der geplanten Erneuerung der Kampenwandseilbahn notwendig ist, aufgehoben.“ Dies wirke sich auch auf die Genehmigung des Landratsamtes aus, denn ohne die Materialseilbahn sei eine Realisierbarkeit der Seilbahnerneuerung bereits fraglich.

Eine Argumentation, die der Betreiber der Bahn nicht ganz nachvollziehen kann. „Die Materialseilbahn zum An- und Abtransport von Baumaterial der Bergstation beruht auf einem ausdrücklichen Wunsch der Naturschutzbehörden, die damit die bisher und bestandskräftig genehmigten Hubschrauberflüge zum Materialtransport im Interesse eines weiter verbesserten Schutzes des Birkwilds auf ein Minimum reduzieren wollten“, sagt Zbil. Wenn der Bund Naturschutz mit der Materialseilbahn die geänderte Baulogistik angreife, würde er bei einem Erfolg die Rückkehr zu Transportflügen erwirken. „Entweder ist ihm das nicht bewusst oder er möchte bewusst das gesamte Erneuerungsprojekt zu Fall bringen. Dann müsste er das aber offen sagen und in der Region vertreten, dass er bemüht ist, nach 65 Jahren den Betrieb der Kampenwandseilbahn zu einem Ende zu bringen, in einem Gebiet, das weder Naturschutzgebiet noch Natura-2000-Gebiet ist und auch nach dem Alpenplan einer Weiternutzung offen steht“, so Zbil.

Zudem, fürchtet der Bund Naturschutz, werde das Birkwild, das auf der Kampenwand seine Balz- und Fortpflanzungsstätten habe, durch die anzunehmende Zunahme von Gästen und die geplanten 81 Sonderfahrten gestört. Damit sei der Genehmigungsbescheid des Landratsamts „insbesondere im Hinblick auf den Artenschutz nicht haltbar“, führt Eberlein aus und verweist auf weiter schützenswerte Arten wie den Alpen- und Feuersalamander sowie die Fledermaus.

„Der Naturschutz, speziell der Schutz des Birkwildes, ist in der Änderungsgenehmigung umfangreich berücksichtigt“, hält Geschäftsführer Zbil dagegen. „Unter anderem wurde beauftragt, die Bauarbeiten im betroffenen Bereich für mehrere Monate ruhen zu lassen, um mögliche negative Auswirkungen während des Balzzeitraums, zu dem das Birkwild empfindlich reagieren könnte, auszuschließen.“ Dadurch nehme er nicht nur höhere Kosten, sondern auch eine längere Bauzeit in Kauf.

Neben dem Schutz von Flora und Fauna kritisieren der BN und die BI den zu erwartenden Besucherandrang. Während der Betreiber von einer Kapazitätssteigerung von maximal 15 Prozent spricht, gehen die Kritiker von einer Verdreifachung der Fahrgastzahlen aus. Die BN-Kreisgruppe habe mit der Betreiberfamilie das Gespräch gesucht, erzählt Rainer Auer, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Rosenheim. Dabei habe Auer versucht, eine Kapazitätsgrenze festzulegen. Dies sei gescheitert. Dementsprechend rechnet der BN mit der faktisch möglichen Transportkapazität, die bei 1530 Besuchern pro Tag läge, erklärt Eberlein. Derzeit können 450 Menschen pro Tag auf die Kampenwand fahren.

Abgase und
Lärm befürchtet

Professor Dr. Peter Weimann, Initiator der Bürgerinitiative „Rettet die Kampenwand“, sprach vor allem über mögliche Folgen eines Ausbaus. Die Angst vor extremen Wettersituationen steige: „Wenn wir noch größere und breitere Schneisen in den Wald schlagen, ins Bodengefüge eingreifen, um neue Betonpfeiler zu setzen und weitere Flächen versiegeln, werden wir noch mehr den Extremwettersituationen ausgesetzt sein“, prophezeit der Umweltschützer. Zudem belaste der voraussichtlich zunehmende Verkehr mit den benötigten Parkflächen, den Abgasen und dem Lärm den Ort und seine Bewohner.

Wird der
Verkehr zunehmen?

„Die Fahrgäste der Kampenwandbahn haben am Autoverkehr in Aschau einen Anteil im einstelligen Prozentbereich“, ordnet Betreiber Zbil den Verkehr ein. Die Talstation sei im öffentlichen Nahverkehr über Bahn und Linienbusse gut angebunden. Darüber hinaus gebe es mit dem neuen On-demand-Fahrdienst „Rosi“ einen perfekt individualisierbaren ÖPNV-Anschluss der Talstation und daneben der Wanderwegeeinstiege.

Bund Naturschutz führt sechs Klagegründe an

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