Feuer unterm Dach in Schonstett

von Redaktion

„Unhaltbare Zustände“ im Feuerwehrhaus – Aktive wollen zurücktreten

Kreisbrandrat Richard Schrank. Foto Kornatz

Schonstett – Alarm in Schonstett: Feuerwehrkommandant Wolfgang Niedermaier hat den Rücktritt der Mannschaft zum 1. Januar 2023 angekündigt. Die Feuerwehr zieht die Konsequenzen, nachdem Bürgermeister Paul Dirnecker bekannt gegeben hatte, dass kein neues Gerätehaus gebaut werden kann.

Auf Anfrage der OVB Heimatzeitungen berichtet Dirnecker, dass er selbst momentan nicht wisse, wie es weitergehe: „Das ist eine gute Frage“, meint er.

Sollte die Mannschaft ab Januar nicht mehr ausrücken, müsste die sogenannte Pflichtfeuerwehr eingesetzt werden, denn „der Brandschutz muss gewährleistet sein“, so der Rathauschef.

Bürger müssten
Pflichtdienst leisten

Das bedeute, dass die Schonstetter Bürger zum Feuerwehrdienst herangezogen würden. Auch der Zusammenschluss mit der Ameranger, Höslwanger oder Halfinger Wehr sei keine Lösung, weil die Gemeinde Schonstett eine eigene Feuerwehr stellen müsse.

Trotzdem hoffe der Bürgermeister, dass es nicht so weit kommt, dass die Mannschaft den Dienst verweigert und sich einige Feuerwehrler bereit erklären würden, weiterhin tätig zu sein. Dirnecker habe mehrere Gespräche mit den Kommandanten und Mitgliedern anberaumt, darunter in der nächsten Sitzung des Gemeinderats. Für ihn ist klar: „Die Mannschaft hat viele Stunden in die Planung des neuen Gerätehauses investiert. Das alte Gebäude ist zu klein und baufällig. Ich verstehe, warum die Feuerwehr frustriert ist“, sagt er. Für den Bürgermeister ein großes Dilemma, denn Verständnis hin oder her, die Finanzierung des Neubaus könne sich die Kommune nicht leisten.

„Vor Corona wäre es vielleicht noch eher möglich gewesen“, meint der Rathauschef. „Aber während der Pandemie ist das Feuerwehrhaus in den Hintergrund gerückt, und jetzt sind die Kosten dafür noch mal extrem gestiegen“, erklärt er. Mittlerweile werde der Bau auf 3,2 Millionen Euro geschätzt. Vorrangig sei der Erwerb des Grundstücks, auf dem sich der Kindergarten befinde.

Die Gemeinde stehe in Verhandlungen mit der Caritas, der das Areal gehöre. In den nächsten beiden Jahren werde geklärt, ob das Gelände gekauft oder durch Erbpacht finanziert werde, so Dirnecker. Erst danach seien weitere Pläne für den Neubau des Gerätehauses möglich.

„Ein echter
Weckruf“

Doch er weiß auch: „Jahrelang haben wir die Feuerwehrmannschaft als selbstverständlich hingenommen. Die vielen Stunden, die die Ehrenamtlichen leisten und auch die große Verantwortung, die sie tragen. Für mich war die Reaktion der Feuerwehr ein echter Weckruf“, verdeutlicht er. Er baue jetzt auf die Verhandlungen mit den Mitgliedern, die in den nächsten Wochen anstehen würden Richard Schrank, Kreisbrandrat (KBR) im Landkreis Rosenheim, erklärt auf Anfrage, dass er zu 100 Prozent hinter der Reaktion der Feuerwehr Schonstett stehe, ab 1. Januar nicht mehr anzutreten.

Situation schon
Jahrzehnte bekannt

Seit 2014 ist Schrank im Amt als Kreisbrandrat tätig und seit jeher wird über den Neubau des Gerätehauses „nur geredet“, sagt er. Die Zustände im alten Gebäude seien untragbar. „Es gibt Brandschutzprobleme, Stolperstellen, die Fahrzeugtüren gehen nicht ganz auf, weil die Halle zu klein ist“, zählt er auf. Das seien nur ein paar von vielen Problemen, verdeutlicht er. „Die Kommune hat die Situation 20 Jahre verschlafen“, stellt er fest.

Viele Gemeinderäte seien seit vielen Jahren dabei und hätten nicht reagiert. „Die Baupläne sind da, das Grundstück auch. Die Sache muss nur auf den Weg gebracht werden“, so der KBR. Seit Jahren würden die Feuerwehrler von der Gemeinde vorgeführt Schrank sieht außerdem ein weiteres Problem: Sollte der Neubau wieder um Jahre verschoben werden, würden bis dahin weitere, teure Anschaffungen anstehen, wie neue Fahrzeuge, da die alten bis dahin ausgedient hätten, meint er. Falls die Mannschaft ihr Amt ab 1. Januar niederlegt, „haben wir in Schonstett die erste Pflichtfeuerwehr in Bayern“, prophezeit Schrank.

Einmaliger
Vorgang

Der Zeitraum, wie lange die Bürger herangezogen werden können, sei nicht begrenzt. Erst wenn wieder genügend Freiwillige bei der Wehr dabei sind, könne die Pflichtfeuerwehr wieder aufgelöst werden, erklärt Schrank. Ob es wirklich so weit kommt, kann der Kreisbrandrat „nicht einschätzen“.

Die Gesetzeslage

Schonstett/München – Johann Eitzenberger, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Bayern, erklärt auf Nachfrage der Redaktion, was passiert, wenn die freiwillige Feuerwehr ihren Dienst quittiert.

Können Bürger tatsächlich zum Feuerwehrdienst zwangsverpflichtet werden?

Ja, das ist so im bayerischen Feuerwehrgesetz geregelt (siehe Infobox unten). Voraussetzung ist, dass eine freiwillige Feuerwehr nicht die erforderliche Mindeststärke erreicht.

Könnte nicht die Feuerwehr der Nachbargemeinde einspringen?

Nein, grundsätzlich muss jede Gemeinde eine eigene Feuerwehr stellen. Hintergrund ist die vorgeschriebene Hilfsfrist von zehn Minuten. Innerhalb dieser Zeit müssen die Retter am Einsatzort sein und zwar egal, ob dieser am Ortsrand oder in der Ortsmitte liegt. Diese Frist einzuhalten, wäre für eine ortsfremde Feuerwehr kaum möglich.

Wer kann denn zum Feuerwehrdienst verpflichtet werden?

Männer und Frauen zwischen dem 18 und 60. Lebensjahr, die gesund sind. Bestimmte Berufsgruppen wie etwa Polizisten sind ausgeschlossen. Aber das alles ist in Bayern bisher graue Theorie. Zum Glück gab es bisher im Freistaat noch keine Pflichtfeuerwehr – und das ist auch gut so. Eine Pflichtfeuerwehr kann immer nur die ultima ratio sein.katrin Woitsch

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