Engpässe bei Medikamenten

von Redaktion

Schmerzmittel für Kinder sind schon seit Längerem nicht mehr in vollem Umfang verfügbar, nun stockt auch die Lieferung von Antibiotika und Krebsmitteln. Das sagen Ärzte und Apotheker in der Region.

Rosenheim – „Mal verbessert sich die Verfügbarkeit von bestimmten Medikamenten, dann ist was anderes schlecht verfügbar“, klagt Dominik Simon, Apotheker in der Rosenheimer Heilig-Geist-Apotheke. Man sei immer damit beschäftigt, nach Alternativen zu suchen. Erst kürzlich seien die Fiebersäfte für Kinder knapp geworden. Die Gründe für die lückenhafte Versorgung der Apotheken mit Medikamenten seien zahlreich. 

Zusätzlicher
Aufwand

Aufgrund von Corona seien oft Produktionen von Wirkstoffen in China und Indien ausgefallen. Hinzu kämen Probleme in der Logistik wegen Verzögerungen bei Frachtschiffen, die die Medikamente nach Deutschland brächten. Dies beträfe auch Transporte vom Hersteller zu den Großhändlern und Apotheken, weil Personal fehle oder krankheitsbedingt ausfalle. „Das Problem begleitet uns nun schon seit Jahren”, sagt Simon. Es sei eine brisante Geschichte, wenn es bestimmte Dinge wie den Ibuprofensaft für Kinder betreffe. 

Für die Apotheken bedeute diese Unsicherheit in den Lieferketten zusätzlichen Aufwand. Um die Versorgung der Patienten sicherzustellen, versuchten sie, einen gewissen Lagerbestand aufzubauen. Sobald die Apotheker hörten, dass ein Medikament knapp werden könnte, nähmen sie durchaus auch Hamsterkäufe vor, um die Kunden versorgen zu können, berichtet Simon.

Die Lieferschwierigkeiten betreffen derzeit auch verschiedene Mittel, die in der Krebstherapie zum Einsatz kommen, wie beispielsweise Folinsäure und Fluorouracil. Sollte ein Mittel nicht verfügbar sein, seien die Apotheken oft dazu gezwungen, auf andere Präparate auszuweichen. Hier würde inzwischen auf Ware aus dem Ausland zurückgegriffen. Auch bei Antibiotika sei der Lieferengpass spürbar. Sei das eine Medikament verfügbar, sei ein anderes nicht zu bekommen, sagt Simon.

Im Schnitt gäbe es immer 250 bis 300 Artikel, die aktuell nicht verfügbar seien. Dieser Wert sei aber relativ konstant über die vergangenen Jahre hinweg. Letzten Endes gehe es laut Simon um die Versorgungssicherheit der Patienten. Nicht nur beim Gas, auch bei den Medikamenten müsse man sich unabhängig machen und eine eigene Versorgung aufbauen. 

In der Praxis von Dr. Florian Bonke, Allgemeinmediziner aus Flintsbach, treten immer wieder Fälle auf, bei denen Medikamente nicht lieferbar sind. „Erst heute hatte ich einen, bei dem ein Antibiotikum für eine Frau mit Lungenentzündung nicht lieferbar war. Auch gewisse Spritzen für Diabetiker sind derzeit nicht verfügbar”, sagte Bonke im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Das liege unter anderem daran, dass in anderen Ländern wie den USA mehr für die Medikamente gezahlt werde. Also lieferten die Hersteller zuerst dorthin. Das mache sich dann auf dem deutschen Markt bemerkbar. „Es ist bei uns aber immer noch so, dass es Alternativen gibt“, versichert der Arzt. Es gebe die Antibiotika mit einem ähnlichen Wirkstoff, die Diabetes-Spritzen gebe es in anderen Dosierungen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man noch gut auf andere Medikamente ausweichen. So eine Situation habe es schon einmal im Winter 2021 gegeben. Dann habe sich das Problem in Wohlgefallen aufgelöst, erinnert sich der Mediziner.

Keine Mehrkosten
für die Kunden

Bei akuten Lieferschwierigkeiten können die Apotheken laut Dominik Simon auf die Unterstützung der Krankenkassen hoffen. So könnten beispielsweise auch Importe aus dem Ausland vereinfacht abgerechnet werden. Sollte ein Produkt wirklich nicht verfügbar sein, könne auf ein anderes zurückgegriffen werden. Für die Kunden entstünden in einem solchen Fall keine Mehrkosten. Bei zuzahlungspflichtigen Medikamenten bliebe der Eigenbeitrag konstant. Die Rabattverträge, die die Krankenkassen mit den Herstellern abschlössen, beträfen die Apotheken und auch die Kunden nicht. 

Eine Verbesserung der Situation ist nach Ansicht des Apothekers in der kommenden Zeit nicht in Sicht. Wenn man die Vergangenheit betrachte, werde es wohl so weitergehen, dass manche Medikamente nur schwer oder nicht zu bekommen seien. Manchmal werde das Präparate betreffen, die bekannter seien. Insgesamt werde die Lage konstant bleiben. Eine neue politische Weichenstellung sei nicht in Sicht. Aber auch nichts, was die Lage verschlechtere, schiebt Simon hinterher. 

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